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Ein Ort, Christus zu begegnen

Wallfahrtsort Hülfensberg

Hülfensberg - Er steht im Zeichen des Kreuzes Christi: der Hülfensberg im Eichsfeld. Der Name des 447 Meter hohen Hülfensberges macht darauf aufmerksam: Berg des Gehülfen, des Helfers und Freundes der Menschen bedeutet das Wort. Die Bezeichnung weist auf das mehr als 800 Jahre alte Hülfenskreuz hin, das sich auf dem Berg befindet. "Das alte Gnadenkreuz mit seiner Christusdarstellung vermittelt dem Beter einen Gott, der sich freut, wenn jemand zu ihm kommt", sagt der Leiter des kleinen Franziskanerklosters auf dem Berg, Pater Eusebius Thüne. "Menschen erfahren hier immer wieder Hilfe und Trost aus dem Glauben.

Viele Eichsfelder, aber auch Bewohner anderer Gegenden wissen um die besondere Ausstrahlung dieses Kreuzes und Berges. Wenn einigermaßen gutes Wetter ist, steigen täglich Besucher den in malerisch hügeliger Landschaft gelegenen Kegelberg hinauf. Sie kommen aus ganz Deutschland. Sie besuchen die Kirche, genießen Ruhe und Natur, suchen das Gespräch mit den Franziskanern. Vor allem aber zu den verschiedenen Wallfahrten, die im Sommerhalbjahr stattfinden, kommen jährlich einige tausend Pilger an diesen Ort, an dem seit Jahrhunderten gebetet wird

1367 wurde die heutige dreischiffige Wallfahrtskirche auf dem Berg eingeweiht. Dem Bau der Salvator-Kirche war ein Aufschwung der zum Hülfenskreuz führenden Wallfahrten aus Mittel- und Norddeutschland vorausgegangen. Die Wertschätzung des Berges als Ort der Gottesverehrung ist jedoch wesentlich älter. Die Legende erzählt, Bonifatius habe hier am Ort einer heidnischen Kultstätte um 725 die Donar-Eiche gefällt und aus dem Holz eine Kapelle errichtet. Ein Stück Holzbalken, das im Gewölbe der Kirche zu sehen ist, soll von der gefällten Kulteiche stammen. Die Historiker sind sich heute weitgehend einig, daß Bonifatius die Donar-Eiche nicht auf dem Hülfensberg gefällt hat. Das Stück Holzbalken im Kirchengewölbe allerdings ist ziemlich alt, das haben wissenschaftliche Untersuchungen erbracht. Fragen Besucher Pater Eusebius nach seiner Meinung, erhalten sie eine nicht ohne Schalk formulierte salomonische Antwort: "Die Wissenschaftler streiten sich, doch wir haben ein Stück von der Eiche.

Als gesichert darf gelten: Im Zuge der Christianisierung errichteten Glaubensboten an der Stelle der ursprünglichen Kultstätte eine kleine Kirche, die gewiß die erste Pfarrkirche der Gegend war. Im Mittelalter zählte der Ort unter der Bezeichnung "Stuffenberg" zu den sieben großen Wallfahrtsorten Deutschlands. Menschen kamen aus dem Eichsfeld, aus Hessen, Thüringen, aber nachweislich auch aus den Hansestädten Lübeck und Bremen, aus Mecklenburg, Pommern und Niedersachsen. "Mit dem Berg ist ein langer Weg des Glaubens über die Jahrhunderte hinweg verbunden. Das ist entscheidend und nicht die Gründungsfrage", sagt Pater Eusebius, der seit 1992 auf dem Berg lebt

Immer wieder habe es aber auch Versuche gegeben, diesen Gnadenort totzukriegen. Im 30jährigen Krieg etwa plünderten mehrfach schwedische Truppen den Hülfensberg. Bis zum Westfälischen Frieden 1648 gingen die Wallfahrten stark zurück. Eineinhalb Jahrhunderte später kam der Berg während der Säkularisation in Privatbesitz und die Wallfahrtstradition versandete erneut. 1860 kamen die ersten Franziskaner auf den Hülfensberg. Damit begann erneut eine segensreiche Phase, die von der Epoche des Kulturkampfes unterbrochen wurde. Einen erheblichen Einschnitt für die Wallfahrtstradition brachte auch die DDR-Zeit, besonders seit der Errichtung der Mauer 1961, als der Berg unmittelbar an der Grenze im 500-Meter-Sperrgürtel lag. Zwar konnten die Bitt-, Johannes-, Dreifaltigkeits- und Michaelswallfahrt weiter stattfinden, aber es durften nur maximal 1000 Menschen aus den Dörfern des Sperrgebietes da-ran teilnehmen. Und: Kindern und Jugendlichen im Alter von 14 bis 25 Jahren war die Teilnahme untersagt, sagt Pater Eusebius, der damals öfter seine Mitbrüder auf dem Berg besuchte. Auch zu DDR-Zeiten fand die Sonntagsmesse der Gemeinde in der Wallfahrtskirche statt. Doch eine halbe Stunde danach mußte der Berg wieder leer sein

"Zu DDR-Zeiten lag der Berg isoliert. Doch mit der Wende ist der Wallfahrtsort in den geographischen Mittelpunkt Deutschlands gerückt", sagt Pater Eusebius, der zugleich Ortspfarrer ist. Dem mußte kirchlicherseits personell und baulich Rechnung getragen werden. Heute sind zwei Franziskaner und drei Franziskanerinnen auf dem Berg und in der zugehörigen Pfarrei Döringsdorf-Bebendorf tätig. "Da wir Ordensleute aus Ost- und aus Westdeutschland stammen, leben und erleben wir bewußt die deutsche Einheit mit ihren schönen und schwierigen Seiten", sagt Pater Euse-bius. Neben den besonderen Aufgaben, die jeder von ihnen erfüllt, stehen er und Pater Cosmas sowie Schwester Waltraut, Schwester Franzina und Schwester Gisela von den Siessener Franziskanerinnen Besuchern und Wallfahrern als Gesprächspartner und Seelsorger zur Verfügung. "Es ist für mich erstaunlich, mit welchem Vertrauen uns westdeutschen Ordensfrauen die Einheimischen hier begegnen", sagt etwa Schwester Waltraut. "Zahlreiche Einzelbesucher kommen auf den Berg, klingeln bei uns, suchen das Gespräch", berichtet Pater Eusebius. Wir bieten Einzelexerzitien an. Gruppen melden sich an, die den Berg besuchen und dabei eine Führung, auch eine Andacht haben wollen. Und dann sind natürlich die Wallfahrten

Für die Besucher mußten Voraussetzungen geschaffen werden: Neue Toiletten wurden gebaut. Der grunderneuerte Konrad-Martin-Pilger-Saal bietet Aufenthaltsmöglichkeit. Im alten Nonnenhaus entstehen einige Zimmer und ein kleiner Gruppenraum. Ein festes gastronomisches Angebot gibt es bewußt nicht. Die Salvator-Wallfahrtskirche konnte bereits in den 80er Jahren innensaniert werden. Jedoch wurden jetzt die Fundamente trockengelegt und der Außenputz erneuert. Vor allem um die Finanzierbarkeit solcher äußeren Erfordernisse des Wallfahrtsortes bemüht sich der Förderverein Hülfensberg

"Wir möchten, daß wieder mehr und mehr Gemeinden zu Fuß zur Wallfahrt kommen", sagt Pater Eusebius. Eichsfeld-Gemeinden wie Uder / Arenshausen und Bickenriede praktizierten dies bereits. "Das führt zu mehr Einfachheit und Anspruchslosigkeit, macht freier und tut deshalb gut." Mit der gleichen Absicht bitten die Franziskaner die Besucher des Berges auch, sich selbst für den Tag etwas zu essen mitzubringen

Jeden zweiten Freitag im Monat kommen bis zu 40 Jugendliche aus dem Eichsfeld zu einem geistlich geprägten Jugendabend bei den Franziskanern zusammen. "Der Berg hat seine Ausstrahlung auch auf die Jugendlichen", sagt Pater Eusebius. Dies werde auch bei den jährlich stattfindenden Eichsfeld-Jugendtagen auf dem Berg deutlich

Die Wallfahrtskirche ist am Tag immer geöffnet. Im Sommer wie im Winter ist sonntags um 10.00 Uhr Messe. Außerdem findet im Sommerhalbjahr einmal pro Monat am Sonntag eine Musikalische Andacht statt. Jeden Samstag ist von 15.00 bis 17.00 Uhr Beichtgelegenheit. Herzlich willkommen ist jeder am Ort des "Gehülfen". Eckhard Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 20 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 18.05.1997

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