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Aus der Region

Auf den Weg zum Glauben einladen

16. Europäisches Treffen von Verantwortlichen für die Erwachsenentaufe

Berlin - Wie können Nichtchristen mit der Botschaft des Evangeliums in Kontakt kommen und Interesse daran finden? Diese Frage beschäftigte die Teilnehmer des 16. Europäischen Katechumenatstreffens, das vom 9. bis 13. Mai in Berlin stattfand. Empfehlung der Teilnehmer: Christen sollten ihren Mitmenschen unaufdringlich Möglichkeiten eröffnen und Angebote unterbreiten, die sie zum Nachdenken einladen. Dabei seien auch frei zugängliche Räume der Stille wie zum Beispiel in Kirchen hilfreich, die zum Innehalten mitten im Alltag motivieren

Menschen fühlen sich bei ganz unterschiedlichen Gelegenheiten und in den vielfältigsten Begegnungen hinsichtlich von Fragen nach dem Sinn und nach Gott angesprochen, sagt Ernst Werner von der Zentralstelle Pastoral der Deutschen Bischofskonferenz. "An diese Tatsache gilt es anzuknüpfen und solchen Vororten des Christwerdens - auch wenn sie vielleicht augenscheinlich mit dem Glauben zunächst nichts zu tun haben - eine theologische Qualität zuzuerkennen." Räume der Stille wie beispielsweise ein Mahnmal für Kriegsopfer würden unter Umständen sogar eher zum nachdenklichen Stillwerden einladen als etwa der Berliner Dom mit seinem musealen Charakter. In den Kirchen sollten gegebenenfalls eigens Räume und Plätze geschaffen und ansprechend gestaltet werden, die Nichtchristen zum Innehalten einladen können

Das 16. Europäische Katechumenatstreffen stand unter dem Thema: ",Bemüht euch um das Wohl der Stadt ... denn in ihrem Wohl liegt euer Wohl' (Jer 29,7). Wahrnehmungen christlicher Spuren im Lebensraum einer entchristlichten Stadt - als Schritte vor dem Katechumenat". Fast 50 Verantwortliche für die Hinführung Erwachsener zum Glauben (Katechumenat) aus Diözesen und Bischofskonferenzen von elf europäischen Ländern waren dazu in die deutsche Hauptstadt gekommen. Zeitweise nahmen der Erfurter Bischof Joachim Wanke und der Berliner Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky an der Tagung teil. Im Mittelpunkt standen der Besuch unterschiedlicher Orte kirchlicher Arbeit wie etwa einer Suppenküche oder einer sozial engagierten Gemeinde und die Suche nach Spuren christlichen Glaubens im säkularen Stadtbild Berlins. Das Vorgefundene wurde hinsichtlich möglicher Kontakte für Nichtchristen mit der christlichen Botschaft untersucht

Der Theologe Albert Franz von der Technischen Universität Dresden berichtete aus der Sicht eines in die neuen Länder übergesiedelten "Wessis" von der präkatechumenalen Situation in Sachsen. So erlebe er das Alltagsleben als von Glauben und Kirche "weithin unberührt" und andererseits ein "ausgeprägt kirchliches Milieu in der Gottesdienstgemeinde". Der Theologe forderte die Gemeinden und die für sie Verantwortlichen auf, sich den heutigen Herausforderungen zu stellen und nicht der "Versuchung eines weiteren Rückzugs" aus der Gesellschaft zu erliegen. Die Kirche sollte "weniger auf die Frage ihrer Identität achten", sondern "Ferment in der konkreten Welt" sein. Für Bischof Wanke lautet eine der zentralen Anfragen, der Christen heute ausgesetzt sind: "Wenn du Christ bist, verpaßt du doch das Leben. Du darfst doch vieles nicht!" Menschen jedoch, die ihr Christsein in der DDR-Zeit gelebt hätten, brächten die Erfahrung mit, daß "die Bindung an das Evangelium das Leben weitet" und "die Lügen der alten Ideologie aufgesprengt hat". Diese Erfahrung könnte auch heute in einer Zeit gemacht werden, in der die Ideologie gelte, daß nur Jungsein, Konsum und Spaßhaben zählt. Von daher könnte Christsein attraktiv sein

Für den Münsteraner Theologen Franz-Peter Tebartz-van Elst sind es vor allem fünf Ansatzpunkte, über die Menschen auf den Weg des Katechumenats gelangen können: Not, Erfahrungen des Kontrasts, Biographien, Symbole des Alltags sowie Fest- und Feierzeiten. "Untersucht man die Motive der Katechumenen, sich auf eine Taufvorbereitung einzulassen, zeigt sich, daß neben dem Wunsch, ganz zu einer Familie oder Gemeinde gehören zu wollen, ... konkrete Not- und Mangelerfahrungen wie Krankheit oder Beziehungsverluste zum Ausgangspunkt für eine Neuorientierung werden ...", so Tebartz-van Elst. Einladend wirken kann christliche Lebenspraxis etwa dort, wo Christen - so dies nötig ist - im Kontrast zur sonst üblichen Praxis zu leben und zu handeln bemüht sind, etwa im Umgang mit Fremden, so der Referent

Die Sensibilität, Menschen zum Christsein führen zu wollen, und der praktische Umgang mit dem Katechumenat sind in den Ländern Mittel- und Westeuropas recht unterschiedlich ausgeprägt. In Diözesen Frankreichs, der französischen Schweiz oder Teilen Belgiens ist der Katechumenat feste Institution. Es bestehen regelmäßige zentrale Angebote unabhängig von Pfarrgemeinden. Hingegen gibt es in etlichen deutschen Diözesen, aber etwa auch in der deutschsprachigen Schweiz oder in Österreich Bestrebungen und die Praxis, am Glauben Interessierte in Verbindung mit und in der Gemeinde durch den Katechumenat zu führen. Der Auftrag, Menschen zum Glauben führen zu sollen, scheint allerdings noch zu wenig im Bewußtsein der Gläubigen verankert. Eckhard Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 22 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 01.06.1997

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