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Bistum Dresden-Meißen

Leben mit Verstand, Herz und Leidenschaft

Vorgestellt: Dr. Siegfried Seifert

"Ich bin einer der Erfinder der Pieta in der Kathedrale", sagt Dr. Siegfried Seifert lächelnd und ganz beiläufig in unserem Gespräch über sein langes Wirken für das Bistum Dresden-Meißen. Nach dem Wiederaufbau der ehemaligen Hofkirche sei es für ihn als altem Dresdner ein Unding gewesen, etwa nur mit einem kleinen Foto von der Zerstörung an die schreckliche Bombennacht des 13. Februar 1945 zu erinnern. Dieser Tag stehe für die ganze Grausamkeit des Zweiten Weltkrieges, für die Auslöschung des Humanum. Deshalb habe er einen Ort des Gedenkens für notwendig gehalten und dafür den Bildhauer Friedrich Press ins Gespräch gebracht. Bischof Otto Spülbeck habe den Vorschlag aufgegriffen, und der damalige Kapitelsvikar Bulang sowie Bischof Gerhard Schaffran hätten ihn bis zur Vollendung unterstützt

Seit 1962 lebt und arbeitet Siegried Seifert in Bautzen, wohnt im barocken Domstift als der Kustos des Domkapitels in Dresden und Bautzen. Er ist heute Leiter der Zentralabteilung "Archiv, Bibliothek, Kunst" des Bischöflichen Ordinariats. 1996 war er 25 Jahre Ordinariatsrat

Der studierte Theologe und Kirchengeschichtler - Jahrgang 1936 - ist für alle, die sich mit der Geschichte Sachsens und seiner Kirchen, mit dem Haus Wettin oder mit kirchlicher Kunst beschäftigen so etwas wie eine Institution. Genaue Kenntnis in seinem Fach und bewahrende Liebe zu den Gegenständen, die seiner Obhut anvertraut sind, verbinden sich bei ihm in idealer Weise. "Kein Kunststück", sagt er, "ich habe ja einen Luxusberuf. Jeden Tag darf ich etwas Schönes anschauen oder etwas Gutes lesen. Und es ist nicht bloße Theorie, es sind Dinge, die man mit Händen greifen und mit Augen sehen kann.

Als Diözesankunstbeauftragter ist Siegfried Seifert außerdem für die Beratung des Bischofs und der Pfarreien in künstlerischen Dingen verantwortlich und für die Registrierung aller im Bistum vorhandenen Kunstwerke. Darüber hinaus sind in Fachkreisen seine Kompetenz und sein Wissen gefragt. Bei der Vorbereitung der Sächsischen Landesausstellung 1998 im Kloster St. Marienstern zum Thema "Kirche in Sachsen im Mittelalter"' arbeitet er unter anderem zusammen mit dem Regionalhistoriker Karl Heinz Blaschke und dem sächsischen Denkmalpfleger Heinrich Magirius. Ebenso ist er an der Ausstellung "Unter einer Krone" beteiligt, die 300 Jahre sächsisch-polnischer Union reflektiert und gegenwärtig in Warschau gezeigt wird, ehe sie nach Dresden kommt. Siegfried Seifert ist mit führenden Persönlichkeiten im Sächsischen Kultursenat tätig und in zahlreichen anderen Gremien

Viele profitieren von seinen profunden Kenntnissen in Vorträgen, durch Kataloge und andere Publikationen wie den Führern durch den Bautzner Dom oder die Dresdner Kathedrale. Auch die Nutzer der Bibliothek im Domstift, die oft speziellen Forschungen zu Inkunabeln (Frühdrucke) und Handschriften nachgehen oder regional-, kirchen- und familiengeschichtliche Anfragen haben, können auf seine Sachkenntnis bauen

Der 24. April 1985 ist ein denkwürdiges Datum für Dr. Siegfried Seifert. An diesem Tag wurde die Domschatzkammer in Bautzen eröffnet. Damit waren drei würdige Räume für einen Teil der wertvollen Schätze entstanden, die er betreut. Die Domschatzkammer entstand mit auf seine Initiative, und er ist heute ihr Leiter. Daß sie kein bloßes Museum ist, darauf legt er Wert: "Die Dinge werden natürlich bei entsprechenden Gelegenheiten benutzt." Dort eine Führung von ihm zu erleben, ist für jeden Interessierten ein Gewinn. In diesem Monat zeigt die Domschatzkammer die sechste Sonderausstellung: "Christliches Vergiß mein nicht - Andachtsbildchen und Gratulationen aus Lausitzer Klöstern und Stiften vom 17. - 18. Jahrhundert." Mit dem Dommuseum Salzburg gibt es eine gute Zusammenarbeit, die bereits zum Austausch von Ausstellungen geführt hat. Wer die Exponate betrachtet, ahnt meist nicht, was an Überblick, Organisation und Korrespondenz hinter einer solchen Schau steht. Für Dr. Siegried Seifert scheinen die Kunstwerke, die ohnehin für ihn keine toten Gegenstände sind, ganz besonders lebendig zu werden, wenn er anderen ihre Schönheit nahebringen kann

Ursula Wicklein

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 22 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 01.06.1997

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