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Bistum Görlitz

Mehr Stimmen für Eltern

Familienwahlrecht bei Pfarrgemeinderatswahlen vorgeschlagen

Görlitz (dw) - Ein neugeborenes Kind kann Eigentümer eines Hauses sein, ein Millionenvermögen erben und Steuern zahlen. All diese Rechte werden bis zur Volljährigkeit von seinen Eltern wahrgenommen. Warum sollten Eltern nicht auch das Wahlrecht für ihre minderjährigen Kinder wahrnehmen dürfen? - Unterschiedlichste Verbände und Initiativen setzen sich in der Bundesrepublik seit einigen Jahren für ein sogenanntes "Familienwahlrecht" ein. Da es bei politischen Entscheidungen um die Zukunft der Kinder geht, sollte den Interessen der Familien durch ein erweitertes Stimmrecht mehr Geltung verschafft werden, argumentieren die Befürworter des Familienwahlrechtes

Wenn es um die konkrete Umsetzung geht, legen sie verschiedene Vorschläge auf den Tisch: Die einen wollen Mutter und Vater für jedes Kind zusätzlich eine halbe Stimme geben, die anderen plädieren dafür, daß die Eltern sich beim stellvertretenden Stimmrecht für ihre Kinder abwechseln. Bei Alleinerziehenden könnten die Zusatzstimmen dem Sorgeberechtigten zufallen

Der anfängliche Elan beim Einsatz für das Familienwahlrecht ist bei vielen allerdings schon wieder verebbt. Grund dafür ist nicht nur die Skepsis, ob die Änderung des Wahlrechts wirklich die Situation der Familien verbessern würde. Zu groß scheinen die staatsrechtlichen Hürden, die der Einführung dieses politischen Instrumentes entgegenstehen. Mit der Einführung des kommunalen Wahlrechtes für 16jährige sehen sie die Grenze des Machbaren erreicht

Der Katholische Familienbund im Bistum Görlitz hat vorgeschlagen, das Familienwahlrecht bei Pfarrgemeinderatswahlen einzuführen. "Im Bereich des Pfarrgemeinderates greift, anders als beim Kirchenvorstand, kein öffentliches Recht", erläutert Geschäftsführer Christoph Kilian. In der Kirche sollte seiner Ansicht nach die Bereitschaft wachsen, von den Familien und ihren Erfahrungen zu lernen. Das Familienwahlrecht könnte in dieser Hinsicht ein Zeichen setzen. Darüber hinaus könnte es dazu beitragen, die Attraktivität der Pfarrgemeinderatswahlen zu erhöhen. In den Diözesen der alten Bundesländer liege die Wahlbeteiligung nur bei 15 bis 20 Prozent, in den neuen Ländern nur unwesentlich höher. Kritiker verweisen auf Schwierigkeiten bei Ausnahmesituationen, zum Beispiel wenn Eltern zwei unterschiedlichen Pfarreien angehören. In kleinen Gemeinden könnten Großfamilien mit geringer Bindung an die Gemeinde das Wahlergebnis in eine negative Richtung beeinflussen, fürchten sie. In einigen Bistümern befindet sich das Familienwahlrecht bei Pfarrgemeinderatswahlen in der Testphase. In Fulda ist es seit Juli 1995 in der Satzung für Pfarrgemeinderäte verankert

Im Bistum Görlitz wird die Rahmenordnung für Pfarrgemeinderäte derzeit überarbeitet. Vertreter aller Pfarrgemeinderäte treffen sich am 7. Juni in Cottbus, um Vorschläge für eine neue Rahmenordnung zusammenzutragen

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 22 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 01.06.1997

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