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Bistum Erfurt

Eigentlich war der Dom für mich Werkzeug

Vorgestellt: Der ehemalige Erfurter Küster und Kirchenführer Hans Jelich

Pünktlich um 6.20 Uhr verläßt Hans Jelich jeden Morgen seine Wohnung am Erfurter Herrmannsplatz. Der 85jährige Domküster a.D. macht sich dann auf den Weg ins St.-Elisabeth- Altenpflegeheim, wo um 7.30 Uhr die Heilige Messe beginnt. Hans Jelich versieht dafür den Küsterdienst. Und bringt täglich einem behinderten Heimbewohner sowie auf Wunsch auch vorübergehend Kranken im Haus die Kommunion ins Zimmer. Die Strecke von seiner Wohnung bis ins Altenheim in der Herderstraße legt er zu Fuß zurück - ein Marsch von immerhin 20 Minuten. Und dies zu jeder Jahreszeit, wie er betont

Eigentlich wollte Hans Jelich Priester werden. Doch die Altsprachen Griechisch und Lateinisch wurden zur unüberwindlichen Hürde, wie er sagt. So absolvierte er in seiner Heimatstadt Iserlohn eine Ausbildung zum Bankkaufmann. Eine Anstellung fand er bei der Kreissparkasse Arnstadt. In der Stadt gründete er auch seine Familie. Dann mußte Jelich in den Krieg. Zurück kam er erst 1949 - aus sowjetischer Gefangenschaft

Nach seiner Rückkehr sollte der Vater von drei Kindern - unter ihnen der heutige Generalvikar Dr. Georg Jelich - bei der Sparkasse eine leitende Stellung übernehmen, vorausgesetzt, er würde in die Partei eintreten. Jelich trat nicht ein. Daraufhin mußte er 1950 die Sparkasse verlassen, weil er, wie ihm gesagt wurde, für den öffentlichen Dienst nicht mehr tragbar sei

In Erfurt fand Hans Jelich zunächst eine Anstellung in der kirchlichen Finanzverwaltung. 1954 übernahm er dann die Stelle des Küsters und Domführers an St. Marien und St. Severi. Eine Aufgabe, die ihn nun ganz in Beschlag nahm: "Das Küstern war nicht so schlimm", sagt er heute, "aber die Aufgabe als Domführer war es am Anfang schon. Denn es kümmerte sich niemand darum, wie interessierte Besucher auf ansprechende Weise durch die Gotteshäuser geführt werden könnten. Und das in einer Zeit, in der der sozialistische Atheismus auf dem Vormarsch war.

Genau hier aber sah Hans Jelich eine wichtige Aufgabe. "Ich stehe in dem Ruf, daß ich den Dom besonders lieb habe. Und das ist auch so", sagt der langjährige Domführer. "Aber am Anfang, wenn ich ehrlich bin, war der Dom für mich nur ein Werkzeug." Dank eines guten Religionsunterrichtes in Jugendtagen und mit Hilfe vor allem von zwei Büchern gelang es ihm, sich eine Führung zu erarbeiten, bei der mit der er Kunst immer auch etwas von der christlichen Hoffnung herüberzubringen suchte: "Wenn ich zum Beispiel im Hohen Chor auf die Gotik zu sprechen kam, dann habe ich zu vermitteln versucht, welche Glaubenshaltung hinter diesen aufstrebenden Säulen und Fenstern steht: die Sehnsucht nach Gott und das Hineingenommensein in die Heilsgeschichte", sagt Jelich. Dabei kam es ihm stets darauf an, sich treu an der Lehre der Kirche zu orientieren, aber einseitige Formen der Volksfrömmigkeit richtigzustellen

Unzählige Male hat Hans Jelich Menschen durch den Mariendom und die gegenüberliegende St.-Severi-Kirche geführt, darunter auch viele ausländische Gruppen. Nicht ganz ohne Stolz erzählt er, daß es ihm im Laufe der Jahre gelungen ist, Führungen in zwanzig verschiedenen Sprachen auf Tonband aufzuzeichnen, um Ausländern in ihrer Sprache etwas über den Dom und den Glauben nahebringen zu können. Zeitweise seien täglich allein mindestens zwei sowjetische Gruppen gekommen. Wenn es jemand wünscht, führt ihn der langjährige Küster und Domführer auch heute durch die beiden Gotteshäuser

Besonders gern hat Hans Jelich die alten gotischen Glasfenster im Chor des Domes. Eine der zahlreichen Scheiben aus dem Apostelfenster hat es ihm besonders angetan: Es zeigt den heiligen Petrus mit Schlüssel. Jelich sieht sich in diesem Petrus selbst ein bißchen dargestellt: Auch ihm waren jahrelang Kirchenschlüssel anvertraut. Auch er hat den Menschen von Gott erzählt. Und auch er hofft auf die Gnade Gottes, die Petrus, wie am Heiligenschein erkennbar, geschenkt wurde. Kürzlich hat sich Hans Jelich, wie er selbst schmunzelnd gesteht, - sozusagen vorsorglich - schon mal für seine Beerdigung Totenbildchen mit diesem Fensterdetail drucken lassen. Sein gelassenes Gottvertrauen überzeugt. E. Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 24 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 15.06.1997

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