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Bistum Magdeburg

Wertschätzung auch für Verwirrte

Erster Altenhilfe-Begegnungstag des Bistums Magdeburg

Zörbig (kr /dw) - Allem Bürokratismus und wirtschaftlichen Zwängen zum Trotz sollten die Mitarbeiter der Caritas einen neuen Solidaritätspakt zum Wohle der Menschen schließen, sagte der Magdeburger Bischof Leo Nowak am 21. Juni in seiner Predigt zum ersten Altenhilfebegegnungstag des Bistums Magdeburg in Zörbig

Seit der Wende bekomme er auch von Mitarbeitern kirchlicher Einrichtungen oft zu hören, in der heutigen Zeit sei "eben alles herzloser" geworden, erzählte der Bischof. Solche Einschätzungen müßten hinterfragt werden. Es sei Aufgabe von Christen, in ihrem Lebens- und Arbeitsumfeld "Herz" zu zeigen

Mehr als 100 Mitarbeiter von Caritas-Altenpflegeheimen aus dem ganzen Bistum nutzten den Begegnungstag, um Berufskollegen kennenzulernen und sich über die Arbeit auszutauschen. Einen fachlichen Gesprächsimpuls gab Pflegeheimleiterin Ellen Müller aus Reichshof bei Köln. Sie stellte eine in Deutschland noch weitgehend unbekannte Methode im Umgang mit verwirrten alten Menschen vor. Der Grundgedanke der von der Amerikanerin Naomi Feil in den 60er Jahren entwickelten "Validation" ist, die alten Menschen in ihrer Verwirrtheit ernstzunehmen und wertzuschätzen

In der Verwirrtheit habe der alte Mensch durchaus noch die Gelegenheit, unbewältigte Erfahrungen aus früheren Lebensabschnitten aufzuarbeiten, glaubt Naomi Feil. Wenn man versuche, Nähe zu zeigen und mit ihm zu fühlen, könne man ihm dabei helfen, mit sich selbst ins reine zu kommen und zu einem inneren Frieden zu finden

Wenn eine 90jährige von einem Besuch bei ihren Eltern erzählt, versuchte das Pflegeheimpersonal beispielsweise bis vor einigen Jahren, sie an der "Realität" zu orientieren. "Ihre Eltern müßten heute schon weit über 100 Jahre alt sein. Sie sind längst gestorben", sagte man der Frau und stieß damit meistens auf Ablehnung und Aggression. Ein Anwender der Validations-Methode hingegen würde sich auf ein Gespräch über die Eltern einlassen. Er könnte die 90jährige zum Beispiel fragen, ob sie ihre Eltern gern hat und ob sie sie vermißt

Ein derartiges Gespräch bedeute für Altenpfleger oder Angehörige in der Regel keinen zusätzlichen Zeitaufwand, erläuterte Ellen Müller. Es sei jedoch weitaus weniger nervenaufreibend als der zumeist vergebliche Versuch, einem verwirrten alten Menschen die Realität der Nicht-Verwirrten nahezubringen

Am späten Nachmittag und am Abend gab es im Zörbiger Pfarrgarten noch ein gemütliches Miteinander. Die Zörbiger Gruppe "The Jugglers" spielte, vor allem zur Freude der jungen Zuschauer, zum Tanz auf. So wurde in lockerer Atmosphäre länger gefeiert, als eigentlich geplant war

Werner Krick, Referent für stationäre Altenhilfe beim Magdeburger Diözesan-Caritasverband, zeigte sich zufrieden mit dem ersten Altenhilfebegegnungstag. Er wünscht sich, daß dieser Tag zu einer Bistums-Tradition wird. Im Bistum Dresden-Meißen beispielsweise finden Altenhilfebegegnungstage alle zwei Jahre statt. Zuvor können sich Caritaspflegeheime dort darum bewerben, Gastgeber des nächsten Begegnungstages zu werden

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 27 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 06.07.1997

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