Dieses Beispiel sollte Schule machen
Zur Aktion Lehrstellenbörse
Gute Nachrichten sind den Zeitungen sowieso keine Zeile wert, heißt ein verbreitetes Vorurteil. Daß es ein Vorurteil ist, kann jeder merken, der Medien aller Art mal genauer unter die Lupe nimmt, denn: Wir Journalisten freuen uns über jede gute Nachricht, die wir veröffentlichen können -wie in dieser Ausgabe auf Seite 17: Das Bistum Magdeburg hat kurzfristig fünf Lehrstellen eingerichtet. Auch in Zeiten "äußerst knapper Finanzen" will Bischof Leo Nowak damit ein Zeichen setzen und hat die Einrichtung der Lehrstellen angeregt. Noch erfreulicher: Alle kirchlichen Einrichtungen der Stadt Magdeburg haben sich "ohne zu zögern" bereit erklärt, den Wunsch des Bischofs umzusetzen, so daß in wenigen Wochen fünf Jugendliche ihre Ausbildung zum Kaufmann/-frau für Bürokommunikation beginnen können
Was diese Initiative des Bistums Magdeburg zu einer meldungswerten guten Nachricht macht, ist allerdings schon wieder eine schlechte Nachricht, denn: Derartige Initiativen sind spärlich. Und das betrifft auch die Kirche als Arbeitgeber
Natürlich tut die Kirche - vor allem einige kirchliche Verbände - eine ganze Menge, zum Beispiel für Ausbildung sonst schwer vermittelbarer Jugendlicher. Aber in einer Zeit, wo nach wie vor zehntausende Lehrstellen fehlen, ist das zu wenig. Zurecht fordert Bischof Nowak deshalb andere Unternehmen auf, "über ihren Schatten zu springen" und Lehrstellen zu schaffen. "Nur wenn Jugendliche Ausbildung und Arbeit haben, können sie sich in unserer Gesellschaft zu Hause fühlen und so zu deren Gesundung beitragen." Ein Satz, der so ähnlich auch im Gemeinsamen Wort der Kirchen "Für eine Zukunft in Solidarität und Gerechtigkeit" formuliert ist. Und genau in diesem von vielen Seiten hochgelobten Papier nimmt sich die Kirche selbst und ihre Verbände in die Pflicht, ihrer Verantwortung als Ausbilder nachzukommen. Bloß Worte
Auch unsere Aktion "Job-Börse" ist eine schlechte Nachricht: Bisher ist nämlich kein einziges Angebot bei uns eingegangen und es ist uns auch kein Fall bekannt, in dem ein Jugendlicher über unsere Aktion einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz erhalten hat. Im Gegenteil: Einige, die beim ersten Mal inseriert haben, melden sich inzwischen zum zweiten oder dritten Mal
Wir können nicht dafür sorgen, daß aus unsere "Job-Börse" eine gute Nachricht wird. Aber wir würden gerne über weitere gute Nachrichten berichten. Das Bistum Magdeburg mit seiner Initiative sollte ein Beispiel sein, daß Schule macht, denn wie heißt es so schön im Wort der Kirchen: "Die Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft bemißt sich nicht zuletzt daran, welche Perspektiven und Zukunftschancen sie ihrer Jugend gibt.
Matthias Holluba
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 03.08.1997