Einer aus der Gründergeneration
Professor Fritz Hoffmann 60 Jahre Priester
Am 1. August 1997 hat Professor Fritz Hoffmann in Erfurt sein 60jähriges Priesterjubiläum gefeiert. Hoffmann, der am 25. Februar 1913 in Breslau geboren und 1937 dort zum Priester geweiht wurde, ist einer der letzten namhaften Repräsentanten der alten Breslauer Theologischen Fakultät
1940 wurde er von der Theologischen Fakultät der schlesischen Friedrich-Wilhelm-Universität zu Breslau zum Doktor der Theologie promoviert
Wie Millionen anderer Deutscher mußte er 1946 seine Heimatstadt verlassen, in der er auch am Kriegsende als Seelsorger ausgehalten hatte. Er kam nach Thüringen und wurde in Wandersleben Pfarrer. Neben der Seelsorge für die vielen Vertriebenen, die in Thüringen eine neue Heimat fanden, setzte er seine wissenschaftliche Arbeit fort
Der Verlust der Priesterausbildung im Osten und die Herausforderung durch die Ideologie der neuen Machthaber erforderte einen Neuanfang, dem sich der Theologe bewußt zur Verfügung stellte. Nach der Ausweisung im November 1946 war er zuerst in einem Flüchtlingslager in Immendorf bei Braunschweig gestrandet. Sein alter Breslauer Lehrer Professor Joseph Koch, der nach Krieg und Vertreibung den philosophischen Lehrstuhl und die Leitung des Thomas-Institutes an der Universität Köln übernommen hatte, riet ihm mit den Worten: "Sorgen Sie dafür, daß in Mitteldeutschland eine theologische Hochschule entsteht", in die damalige Sowjetische Besatzungszone zu gehen
Hoffmann gehört zu den ersten Lehrenden des Studiums in Erfurt, wo er seit 1952 als Dozent und seit 1957 als Professor für Fundamentaltheologie tätig war. Einem Ruf auf den Lehrstuhl für Katholische Religionsphilosophie an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt folgte er nicht, da ihn Kirche und Theologie in der Erfurter Diaspora brauchten
Unter den sehr erschwerten Bedingungen der DDR leistete Professor Hoffmann eine geduldige Grundlagenforschung zum spätmittelalterlichen Denken. Seine wissenschaftliche Laufbahn verläuft gradlinig von seiner Dissertation über "Die erste Kritik des Ockhamismus durch den Oxforder Kanzler Johannes Lutterell" über zwei Untersuchungen zur Theologie und zu den Schriften des Oxforder Theologen Robert Holcot OP und Crathorn OP bis zur im Jahr 1993 erschienenen Edition und Studie zu den Conferentia Holcots. Der Erfurter Wissenschaftler hat vor allem aus dem Umfeld der Oxforder Kontroverse um Ockhams Theologie eine Reihe von Schriften ediert
Wilhelm Ockham, der gefeierte Franziskanertheologe in Oxford, der 1347 starb, vollzog endgültig die Hinwendung der Theologie zur Theo-Logik, insofern er die terminologischen und sprachphilosophischen Themen und Probleme vor allem der Gotteslehre zum zentralen Problem der theologischen Wissenschaft machte. Für die geisteswissenschaftliche Forschung wird damit der Dialog mit der Tradition, deren Stimme die überlieferten Texte sind, erst möglich, denn nur auf dem gesicherten Boden der kritischen Edition ist das Gespräch mit der Tradition überhaupt möglich
Vor allem diese geduldige Grundlagenforschung zum spätmittelalterlichen Denken und viele Bücher, Artikel, Rezensionen und Vorträge begründen Professor Hoffmanns ausgezeichneten wissenschaftlichen Ruf
Einer breiteren Leserschaft wurde Fritz Hoffmann durch seine im Leipziger Benno-Verlag erschienenen Hinführungen zu Meister Eckhart, Nikolaus von Kues und durch die Herausgabe kleinerer Werke Thomas von Aquins bekannt. Neben dem Gelehrten war Hoffmann auch immer ein geschätzter und beliebter Seelsorger in der Gemeinde, der immer und allen mit geistlichem Beistand und praktischer Hilfe zur Seite stand
Derzeit arbeitet Professor Hoffmann an einer Gesamtwürdigung der Oxforder theologischen Kontroversen mit und über Ockham, die er hofft, in absehbarer Zeit fertigstellen zu können. Hoffmann gehört zu den letzten lebenden namhaften Repräsentanten der alten Breslauer Theologischen Fakultät, deren Bedeutung für die Forschung unvergänglich ist. In diesem Zusammenhang zu nennen sind so bekannte Namen wie Professor E. Kleineidam, Erfurt, die Professoren B. Poschmann, B. Geyer, J. Seppelt aus der theologisch- und kirchengeschichtlichen Forschung und Cl. Baeumker, J. Koch, die die mediävistisch-philosophische Forschung prägten
Bischof Joachim Wanke, die Professoren des Philosophisch-Theologischen Studiums sowie seine zahlreichen Doktoranden und Freunde wünschen dem Priesterjubilar noch viele und gesunde Jahre, in denen er seine Forschungen weiterführen kann
Carsten Kießwetter
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 10.08.1997