Sich auf die Schöpfung einlassen
Kamenzer Künstler Zawadzki wird 75
Kamenz (cp/tdh) - Der Kamenzer Künstler Gottfried Zawadzki, der seit Beginn der 50er Jahre zahlreiche ostdeutsche Kirchen gestaltet hat und mehr als 500 Glasfenster - auch im Gebiet des heutigen Bistums Görlitz - geschaffen hat, wird am Fest Maria Himmelfahrt 75 Jahre alt
Nach einer Lehre als Dekorationsmaler und nach dem Kriegsdienst studierte er an der Kunstgewerbeschule Dresden Raumgestaltung und anschließend an der Dresdener Hochschule für Bildende Künste Wandmalerei und freie Grafik
Der Kontakt mit einem Freundeskreis, dem auch die Künstler Gottfried Unterdörfer, Friedrich Schötschel, August Pabel, Norbert Weber und Gerold Schneider angehören, stieß den Christen immer wieder auf Fragen nach dem Wesentlichen im Leben
Gerold Schneider schrieb in seiner Würdigung zum 70. Geburtstag im Tag des Herrn, Zawadzki habe mit seinen Bauten und Bildern innere Haltungen geprägt und Gemeinden in einer ganz bestimmten Weise innerlich geformt. Sein Anliegen sei Wahrhaftigkeit gewesen, nicht oberflächliche Gefälligkeit
Unter anderem baute er eine Ruine in Oßling in eine Waldkapelle um, schuf die ersten Kirchenfenster in Rothenburg an der Neiße und in Niesky, die unteren Fenster der Cottbuser Marienkirche und Taufstein, hölzernen Altar, schmiedeeiserne Leuchter und Tonvasen in der katholischen Kirche Lohsa
Für den verstorbenen Pfarrer Leo Gohlisch entwarf er einen Grabstein, der wie eine Rune aussieht, an die Vergänglichkeit erinnert, aber hinüberweist in das ewige Leben
Wenn ein Lokschuppen in eine Kirche umgebaut wird, soll man die frühere Funktion ruhig sehen, meint Gottfried Zawadzki. Holz darf wie Holz aussehen und der Fußboden einer Kirche darf grau sein, weil er zu dienen hat. Zu dienen der göttlichen Liturgie, der Anwesenheit eines liebenden Gottes
"Ein Künstler sollte nur einen einzigen Kreuzweg im Leben schaffen", hat Gottfried Zawadzki einmal gesagt. Er selber schuf zwei. Die Konsequenz des ersten Holzschnitt-Kreuzweges fordert die Betrachter noch heute heraus. Dieser Kreuzweg hängt in Niesky, in Lohsa, in Oßling, Cottbus, Ruhland, Jauernick und in anderen Kirchen im Osten Deutschlands
Auch der Vier-Farb-Holzschnitt, der 1967/68 für die Krankenhauskapelle Wittichenau geschaffen wurde, ist in verschiedenen katholischen Gemeinden bekannt
Vom Natürlichen ausgehen und dann das Wesentliche herausschälen, die Spannung erkennen, die allerdings nicht in der ästhetischen Harmonie liegt, lautet ein künstlerischer Grundsatz Zawadzkis. Jeder Beschauer hat Recht, billigt er zu. "Ich habe ihm keine Reden zu halten über meine Kunst
Ich bitte ihn, ja manchmal zwinge ich ihn durch meine Farbenwahl, sich tiefer einzulassen auf das, was hinter den Dingen liegt: Die Herrlichkeit der Schöpfung, die gefallene Kreatur, das Ärgernis des Kreuzes. Und die Auflösung von Gott zu erwarten, nicht von mir.
"Zweimal habe ich den Künstler passen sehen", erzählt Christian Pabel, Pfarrer von Schwarzheide, der Gottfried Zawadzki gut kennt. Das eine Mal habe eine Ausstellung von ihm ein Weihnachtsbild verlangt: "Er versuchte es und mußte sich die Kritik seiner Frau einstecken: ,Gottfried, das wird Idylle, das wird Kitsch'
Das andere Mal bat Pfarrer Pabel ihn um Kinderbilder, und er gab zu: ,Ich kann zur Zeit keine Kinder malen.' "Es ehrt einen Künstler, wenn ich erfahre, daß er einmal auch etwas nicht kann. Es bestätigt seine Wahrhaftigkeit", kommentierte Pfarrer Pabel
Durch den Aufbruch nach der Wende von 1989 hat Gottfried Zawadzki noch einmal die Grenzen gesprengt. Seine Bilder, auf denen Eisschollen, ein schwarzes Kreuz und schließlich Impressionen einer Perureise zu sehen sind, lassen einen künstlerischen Entwicklungssprung erkennen
Eine Ausstellung mit Werken des Kamenzer Künstlers war bereits in Pulsnitz zu sehen und kommt im November zur BASF nach Schwarzheide. Pfarrer Pabel zufolge läßt diese Ausstellung Farbenfreude erkennen, "die uns nicht im Diesseits stehen läßt"
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 17.08.1997