Aus der Region
Mystik heute
Äbtissin Assumpta Schenkl im Interview
Sie haben Bücher mit mystischer Poesie herausgegeben. Welchen Stellenwert hat Mystik in Ihrem Leben?
Eigentlich einen sehr starken. Mystik gehört zur Tradition unseres Ordens. Der heilige Bernhard gehört ja zu den ganz großen Mystikern und auch die heiligen Frauen von Helfta. Früher schon habe ich mich stark mit spanischer Mystik befaßt, sehr gerne lese ich Johannes vom Kreuz und Teresa von Avila. Auch während meines Germanistikstudiums habe ich mich mit Mystik beschäftigt. Es gibt viele Berührungspunkte. Auch aus eigener Erfahrung kenne ich solche Phänomene.
Kann man eine mystische Lebenshaltung erlernen?
Ich würde sagen, daß das ein reines Geschenk ist, aber ein Geschenk, für das man sich vorbereiten kann. Ich kann so oberflächlich und so nach außen gewandt leben, daß solche inneren Erfahrungen unmöglich sind. Auf der anderen Seite ist es aber nicht so, daß ich mystische Erfahrungen auf irgendeine Weise erzwingen kann, auch nicht durch intensives Gebet.
Sie haben sich bereiterklärt, mit Ihren Schwestern einen Neuanfang im Kloster Helfta zu wagen. War Ihre Nähe zur Mystik bei dieser Entscheidung ausschlaggebend oder spielen andere Gründe eine Rolle?
Zunächst einmal muß ich sagen, daß der Gedanke, nach Helfta zu gehen, an mich herangetragen worden ist. Vertreter des Verbandes der Freunde Helftas baten mich vor drei Jahren zunächst, eine Art geistiger Patenschaft für die Neubelebung Helftas zu übernehmen. Schließlich kam immer häufiger die Frage: "Könnten Sie hier denn nicht mit anfangen?" Ich denke, es ist eine schöne Aufgabe, hier neu zu beginnen. Den Namen der heiligen Gertrud habe ich als Taufnamen. Ich habe sie immer sehr verehrt. Darin liegt für mich ein zusätzlicher Reiz.
Steht schon fest, wann der Klosterbau fertig sein wird?
Die Baupläne sind komplett. Ob gebaut werden kann, hängt allein davon ab, ob das nötige Geld zusammenkommt. Alle Gruppierungen im Verband der Freunde Helftas bemühen sich sehr, aber bei der derzeitigen Finanzlage fließen Spenden sehr, sehr spärlich. Wir hoffen trotzdem noch. Die Lutherstadt Eisleben ist jetzt zum Weltkulturerbe der UNESCO erhoben worden. Es gibt neue Hoffnung, dadurch an Fördermittel heranzukommen.
Früher waren Klostergründungen meistens mit einem Reformgedanken verbunden. Gibt es für die Helftaer Neugründung einen derartigen Gedanken?
Einen Reformgedanken vielleicht nicht gerade, aber für die hiesige Diasporasituation werden wir schon neue Formen finden müssen. Wir wollen einerseits an der kontemplativen Tradition unseres Ordens festhalten, uns zugleich aber öffnen für die Menschen. Zum Beispiel gibt es Überlegungen, daß wir uns an der Arbeit des entstehenden Bildungshauses beteiligen könnten.
Interview: C. Menzel
Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 37 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 14.09.1997
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 14.09.1997