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"Ausweg" statt Katastrophe

Katholische Kirche Thüringen startet Projekt für Schwangere in Not

Erfurt (mh) - Eine Frau aus der Nähe von Sömmerda tötet ihre zwei Babys unmittelbar nach der Geburt. Eine andere legt ihr Neugeborenes vor das Kinderheim Worbis. Keine Einzelfälle: Bundesweit werden jährlich rund 40 tote oder ausgesetzte Neugeborene gefunden. Die Dunkelziffer schätzen Experten deutlich höher. Die Fälle in Thüringen haben den Erfurter Bischof Joachim Wanke besonders "erschreckt und aufgeschreckt". An die Mutter des Worbiser Findelkindes wandte er sich damals über die Medien und versprach ihr Hilfe. Jetzt reagiert die katholische Kirche in Thüringen mit einem entsprechenden Projekt, das den bezeichnenden Namen "Ausweg" trägt . In der vergangenen Woche wurde es der Öffentlichkeit vorgestellt.

"Wir haben verschiedene Hilfsangebote zu einem rettenden Seil für Frauen, die keinen Ausweg sehen, verknüpft", sagt Bischof Wanke, der die Schirmherrschaft übernommen hat. Ein Träger des Projektes ist der Caritasverband des Bistums mit seinen Beratungsangeboten, insbesondere den Beratungsstellen für Schwangere und Familien in Erfurt, Nordhausen, Gotha, Heiligenstadt und Suhl. Einer der Projektpartner ist die Erfurter Frauenklinik. Dort wurde vor einigen Wochen ein "Babykorb" eingerichtet, wo Frauen ihr Neugeborenes anonym abgeben können. Außerdem bietet die Klinik die Möglichkeit der anonymen Geburt und eines entsprechenden Hebammendienstes. Über das Jugendamt Erfurt - ebenfalls Projektartner - werden dann entsprechende Schritte zur Vermittlung der Kinder in Pflege- und Adoptionsfamilien eingeleitet.

Damit auch die Frauen in ihrer Situation nicht allein bleiben, bietet der zweite Projektträger, die Schwestern vom Guten Hirten in Erfurt, ihnen die Möglichkeit, eines anonymen Aufenhaltes vor und nach der Geburt. Erste Informationen gibt es für Hilfe Suchende über die ökumenische Telefonseelsorge.

Natürlich sei die Anonymität problematisch, sagte der Bischof, aber: "Priorität hat das junge Leben." Entsprechende gesetzliche Regelungen forderte Caritasdirektor Bruno Heller. Beim Meldegesetz seien Änderungen nötig, geregelt werden müsse auch die Übernahme der Kosten für anonyme Geburten. Das ist eines der Probleme für die Erfurter Frauenklinik. Hier sollen deshalb zunächst Spenden helfen, die aber auch gebraucht werden, um eventuelle Kosten für die Unterkunft einer Mutter zu begleichen, akute Nothilfe zu leisten und natürlich in der Öffentlichkeit über "Ausweg" zu informieren.

Bischof und Caritasdirektor wiesen darauf hin, dass das Projekt am Anfang stehe. Weitere Partner werden gesucht, auch ehrenamtliche Mitarbeit sei gefragt, um in der Breite zu informieren und vorzubeugen. Wenn es um die Anonymität der Frauen geht, seien allerdings Fachleute nötig - der Bischof verglich diesen Bereich mit dem "Katastrophenschutz": "Es gibt aber auch das ganz normale Rote Kreuz, das in der Breite wirkt."

"Wir haben mit dem Projekt begonnen und werden sehen, was sich alles daraus entwickelt", zeigt sich Schwester Benedikta von den Schwestern vom Guten Hirten zuversichtlich. Ob "Ausweg" erfolgreich wird, dafür gibt es einen klaren Maßstab: "Wir haben Erfolg, wenn in der Umgebung von Erfurt keine toten Neugeborenen mehr gefunden werden", sagt der Direktor der Frauenklinik, Udo Hoyme.

Unter den folgenden Telefon-nummern gibt es rund um die Uhr Hilfe:

Telefonseelsorge: (0 800) 111 0 111 (gebührenfrei), Schwestern vom Guten Hirten: (03 61) 6 43 17 14; Ärzte der Erfurter Frauenklinik in akuten Situationen: (03 61) 7 18 41 42.

Spenden: Konto des Caritasverbandes für das Bistum Erfurt bei der Pax-Bank Erfurt (BLZ 370 601 93, Konto-Nr. 500 500 500 2, Stichwort "Ausweg").

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 14 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 05.04.2001

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