Sie füllten eine Marktlücke in der DDR
25 Jahre Benediktiner-Kloster Huysburg
Als der Görlitzer Pfarrer Alfred Göbel den Mitgliedern der Berliner Bischofskonferenz von seinem Wunsch erzählte, in der DDR benediktinisches Leben zu etablieren, rannte er damit anscheinend offene Türen ein. In der Chronik der am 14. September 1972 gegründeten Benediktiner-Niederlassung auf der Huysburg vermerkt er jedenfalls, daß die Bischöfe sich ein Mönchskloster schon lange gewünscht hatten
1969 hatte Alfred Göbel seine Berufung zum Ordensleben verstanden. Schon vorher war er Benediktineroblate gewesen. In seiner schlesischen Heimat hatte er vor der Vertreibung in engem Kontakt mit der Abtei Grüssau gestanden. Da es in der DDR undenkbar gewesen wäre, von staatlichen Stellen die Genehmigung für eine Klostergründung zu bekommen, kam das Angebot des Magdeburger Bischofs Johannes Braun gerade recht: Im Schatten des Priesterseminars auf der Huysburg fanden die Mönche von den Behörden unbemerkt nicht nur Unterkunft, sondern auch Arbeit
Bischof Braun war nicht der einzige, der Alfred Göbels Idee unterstützte: Die Abtei Tyniec bei Krakau erklärte sich bereit, die neue Niederlassung in ihre Obhut zu nehmen. Pater Alfred verbrachte dort sein Noviziat. Einreiseerlaubnis nach Polen bekam er allerdings immer nur für drei Monate. Die Zwischenzeit verbrachte er im Benediktinerinnenkloster Alexanderdorf und wurde dort immer vertrauter mit den Traditionen der Benediktiner
Die Anfänge der "Cella Benedic- tina", die Pater Alfred gemein- sam mit einem Ordens-Kandidaten gründete, waren schwierig. Die meisten Novizen verließen das Kloster schon nach kurzer Zeit wieder. Nach drei Jahren war Alfred Göbel mit den Priesterseminaristen allein auf der Huysburg. Dann bekam er Verstärkung von Pater Paulus Hauke und kurz darauf von Pater Benedikt Morawez, die beide noch heute auf der Huysburg leben. Als in den 80er Jahren der Besuchsverkehr nach Polen und damit die Betreuung durch die Abtei Tyniec immer schwieriger wurde, standen die Brüder vor einer neuen Herausforderung: 1984 wurde ihre Niederlassung zum eigenständigen Priorat erhoben. Unter normalen Umständen gehören zu einer Prioratsgründung mindestens zwölf Benediktiner
Zu den Aufgaben der Brüder gehörte es, sich um die Bibliothek des Priesterseminars zu kümmern und Exerzitien zu leiten. Pater Alfred war zeitweise Spiritual des Seminars. Der ehemalige Regens Paul Christian unterstreicht die Bedeutung, die die Benediktiner für das Seminar hatten: Eine Art "Zeitkrankheit" der Kirche nach dem Konzil sei die schwindende Bedeutung des Gebetes gewesen. Seminaristen und Teilnehmer von Priesterkursen auf der Huysburg konnten bei den Mönchen dagegen regelmäßiges Gebet erleben und seien dadurch innerlich gestärkt worden. Mönche und Seminaristen hätten zudem wechselseitig davon profitiert, wenn Vertreter der Weltkirche die einen oder die anderen besuchten
Nach dem Tod des Pfarrers der Huysburg kam die Pfarrseelsorge als neue Aufgabe für die Benediktiner hinzu. Mönchtum und Pfarrseelsorge bezeichnet Pater Athanasius Polag, seit 1993 Prior auf der Huysburg, als die beiden Säulen im heutigen Konzept des Klosters, das kirchlich, sozial und kulturell wirken wolle. Einige Pläne werden bislang noch von den unzureichenden Räumlichkeiten behindert
Das romanische Refektorium im Mittelbau der Klosteranlage beispielsweise soll für Ausstellungen und Vorträge hergerichtet werden. Im barocken Gästehaus befindet sich gegenwärtig noch ein Pflegeheim für Behinderte. Wenn 1999 ein Neubau im benachbarten Dingelstedt bezugsfertig sein wird, soll das Gästehaus umgebaut und wieder seiner ursprünglichen Bestimmung zugeführt werden. Insgesamt sollen 34 Einzelzimmer für Gäste entstehen
Die Benediktiner wollen offen sein für Menschen, die sich für ihr Leben interessieren, die auf dem Huy Stille und Besinnung suchen oder die einfach die frische Luft genießen wollen, deren Wirkung im 19. Jahrhundert bereits Prior Carl van Eß rühmte. In den letzten Monaten mußten die Brüder Interessenten, die einige Tage lang im Kloster mitleben wollten, immer wieder Absagen erteilen. Die Anfragen haben zugenommen, auch von Menschen ohne kirchliche Bindung
Ihr Jubiläum werden die Benediktiner, nicht zuletzt wegen der anhaltenden Bautätigkeit, heute ohne großen Aufwand mit einem Gottesdienst und einer Feierstunde begehen. Als Gäste erwarten sie unter anderem die Äbte des Klosters Tyniec und des Trierer Klosters St. Matthias, mit dem die Huysburg seit der Wende von 1989 eine enge Partnerschaft verbindet
Dorothee Wanzek
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 14.09.1997