100 Jahre alt und noch große Pläne
St. Elisabeth-Krankenhaus Halle
Halle (cm) - Nach 100 Jahren St.-Elisabeth-Krankenhaus Halle sagt Pflegedienstleiterin Schwester Dominika Kinder: "Jetzt geht es erst richtig los." Selbst Kriege, totalitäre Systeme oder Zeiten der Armut konnte das Krankenhaus überstehen. Mit der Einweihung des 1. Neubauabschnitts und der geplanten Fusion des Elisabethkrankenhauses mit dem Barbarakrankenhaus Anfang des nächsten Jahrtausends geht es mit großen Schritten ins zweite Jahrhundert. So wurden am 8. September die 100 Jahre in einem Festprogramm gewürdigt. Bischof Leo Nowak segnete den Neubau
Mit dem Neubau konnten Flächendefizite des Krankenhauses beseitigt und die Behandlung und Pflege der Patienten sowie die Arbeitsbedingungen der Ärzte und Schwestern wesentlich verbessert werden. Weiterhin können nun zahlreiche medizinische Leistungen in Zusammenarbeit mit niedergelassenen Ärzten zusätzlich angeboten werden. Dazu gehören unter anderem erweiterte Möglichkeiten in der Notfallbehandlung, im Operationsbereich und in der intensivmedizinischen Betreuung. Ebenfalls neu ist der Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach des Neubaus. Für die geplante Fusion des St.-Elisabeth-Krankenhauses mit dem St.-Barbara-Krankenhaus ist bereits ein zweiter Bauabschnitt genehmigt
Doch bis das Krankenhaus dahin kommen konnte, wo es jetzt ist, mußten viele Höhen und Tiefen nicht nur über-, sondern auch durchgestanden werden. Der Weg begann damit, daß drei "Graue Schwestern", die anfangs in einer angemieteten Etage eines Wohnhauses lebten, 1891 in Halle ihre diakonische Arbeit mit der ambulanten Betreuung Pflegebedürftiger aufnahmen. 1893 konnte gleichzeitig mit dem Bau der neuen katholischen Pfarrkirche der Bau des "St.-Elisabeth-Hauses" begonnen werden. Bereits im folgenden Jahr konnten elf Schwestern in das Haus einziehen, das einer Spielschule, einem Kinder- und einem Altenheim Platz bot. Ihre ambulante Arbeit führten die Schwestern weiter und unterhielten zusätzlich eine Suppenanstalt mit 200 Tagesportionen. Das eigentliche "St.-Elisabeth-Krankenhaus" wurde jedoch erst 1897 eingeweiht. Bereits ein Jahrzehnt nach dem ersten Spatenstich zum Bau des "St-Elisabeth-Hauses" konnte mit der Hilfe "reicher Wohltäter" im Süden der Stadt mit dem St.-Barbara-Krankenhaus eine eigene "Kinder- Pflege- und Heilanstalt" eröffnet werden
Zu DDR-zeiten mußten die Mitarbeiter eines konfessionellen Krankenhauses restriktive Maßnahmen hinnehmen. So waren beispielsweise die Gehälter der Ärzte wesentlich geringer als in den Universitätskliniken, die Berentung unsicher und die freie Berufswahl der Kinder nicht garantiert. Außerdem konnte bei einem Wechsel in eine staatliche Einrichtung nicht mehr mit einer leitenden Stellung gerechnet werden. Doch trotz aller äußeren Schwierigkeiten stellte das St.- Elisabeth-Krankenhaus eine kleine "Oase" in der Landschaft der DDR-Krankenhäuser dar, weil hier die Menschen nicht nur ver-, sondern auch umsorgt wurden und unabhängig von ihren politischen oder konfessionellen Gebundenheiten als Menschen akzeptiert wurden
Daß der Dienst am Menschen im Vordergrund der täglichen pflegerischen Arbeit steht, bezeugt nicht zuletzt auch die Namenspatronin des Krankenhauses. Dies brachte auch Pastor Wolfgang Helbig, der Vorsitzende des deutschen evangelischen Krankenhausverbandes, in seinem Festvortrag über die heilige Elisabeth zum Ausdruck: "Mehr als nur das professionelle Wissen, müssen wir unseren Gauben und emotionalen Qualitäten in den Umgang mit den Patienten einbringen." Wie kann die heilige Elisabeth in unserer Zeit verstanden werden und was läßt sich daraus lernen, waren Helbigs Fragen
So versteht Helbig Elisabeth als einen provokanten, radikalen wie auch solidarischen Menschen: "Wer mit der christlichen Existenz ernst macht, wird stets zu einer Haltung gezwungen, die provoziert." Elisabeth habe mit den Menschen am Rande der Gesellschaft Solidarität geschlossen und bis zur letzten Konsequenz mit Familie und Stand gebrochen, führte Helbig weiter aus
Elisabeth zeige damit den Weg, wie kritische Menschen auch in unserer Gesellschaft Anwälte der Benachteiligten sein können. Provokation in Gestalt neuer Initiativen (wie beispielsweise die Hospizbewegung) müsse richtungsweisend sein. In der Weitergabe der helfenden Aufgabe an die jungen Menschen bestehe unser Beitrag zur Kultur des Helfens, waren Helbigs Abschlußbemerkungen
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 21.09.1997