Signal für kirchliche Präsenz im Osten
Einweihung des Verlagsneubaus in Leipzig-Wahren
Leipzig (dw) - Als "Zeichen für die Einwurzelung" der Kirche in den neuen Bundesländern bezeichnete der Erfurter Bischof Dr. Joachim Wanke den St. Benno-Verlag am 19. September bei der Einweihung eines Verlags-Neubaus im Leipziger Stadtteil Wahren. Bereits im Juni hatten die Mitarbeiter des Buchverlages, der Kirchenzeitung Tag des Herrn, des verlagseigenen Hörfunkstudios und der Versandabteilung das baufällige Mietshaus in Leipzig-Plagwitz verlassen, das jahrelang als Verlagssitz gedient hatte. Die Gesellschafterdiözesen Erfurt, Dresden-Meißen, Magdeburg und Görlitz beteiligten sich mit einem günstigen Darlehen an dem 2,3 Millionen Mark teuren Neubau. Ein Viertel der Baukosten konnte mit Aufbau-Ost-Fördermitteln bezahlt werden
Nach rein marktwirtschaftlichen Erwägungen wäre zwar manches "von Köln oder Freiburg aus leichter zu erledigen", sagte Bischof Wanke in seiner Predigt. Ein katholischer Verlag in der ostdeutschen Diaspora könne ein Signal sein, daß Kirche hier "greifbar, vielleicht sogar angreifbar" sein wolle. Zu DDR-Zeiten haben die Mitarbeiter des St.-Benno-Verlags Kirche entscheidend mitgeprägt
Unter veränderten gesellschaftlichen Bedingungen habe der Verlag künftig eine Aufgabe vor allem als Stätte der Kommunikation. Es brauche heute eine Kirche des Dialogs und der Öffnung. Den Menschen müsse deutlich werden, daß der Glaube das Leben nicht eng und kleinkariert mache, sondern Horizonterweiterung und Entlastung bedeute
Dem St. Benno-Verlag empfahl er daher, nicht nur "strenge Theologie", sondern auch "Wegweisendes in den nichtkirchlichen Raum hinein" zu publizieren. Geschäftsführer Michael Birkner erinnerte daran, daß der Verlagsneubau bereits seit 15 Jahren geplant war. Dennoch sei die Verwirklichung keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Die "unselige Entwicklung" der nach der Wende gegründeten Verlagsgesellschaft "Benno-Bernward-Morus" habe aufgrund der eingefahrenen "horrenden Verluste" das Vertrauen in den Verlag massiv erschüttert. Die "tiefe Verbundenheit" der Bischöfe mit dem Verlag habe damals fast gegen die Vernunft vor der endgültigen Auflösung bewahrt. Vor drei Jahren habe das Verlagshaus ohne finanzielle Starthilfe den Neuanfang gewagt. "Der frische Wind der zurückgehenden Religiösität in der Gesellschaft und das veränderte Medienverhalten weht auch uns ins Gesicht. Aber wir haben aus dem Auf und Ab der vergangenen Jahre eine Menge lernen können", sagte Birkner. "Wer jetzt noch an der Zukunft des Verlages zweifelt, glaubt nicht an den Segen von oben", sagte der Bischof von Dresden-Meißen, Joachim Reinelt, in seinem Grußwort. Der Benno-Verlag habe die neuen Möglichkeiten genutzt, die Christen in der heutigen Gesellschaft hätten. Ein derartiger Verlag sei bedeutsam für die Pluralität auf dem Medienmarkt. Christliche Meinungsbildung sollte nicht allein den säkularen Medien überlassen bleiben. Die Gesellschafter-Bischöfe hätten zwar Interesse daran, daß sich der Verlag finanziell selbst trägt. Bischof Reinelt betonte jedoch: "Wir wollen mit Benno kein Geld verdienen, sondern Menschen Freude machen und ihnen dienen."
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 28.09.1997