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Aus der Region

Selbstbewußtsein der Laien stärken

Seminar für Männerarbeit in Ost- und Mitteleuropa

Schmochtitz - "Bei den Menschen im Osten herrscht das Empfinden vor, daß sie doch keine Möglichkeiten haben in ihren Ländern etwas zu ändern, zum anderen gibt es aber ein spirituelles Verlangen, diese Anliegen gesellschaftlicher Veränderungen im Gebet mitzutragen", sagt Prof. Elmar Fastenrath, Leiter der Kirchlichen Arbeitsstelle für Männerseelsorge und Männerarbeit in den deutschen Diözesen

Seine Situationsbeschreibung verdeutlicht wie wichtig es ist, gerade in den Ländern des ehemaligen Ostblocks die Laien zur Mitarbeit in Kirche und Gesellschaft einzuladen. Zu diesem Zweck veranstaltet seine Arbeitsstelle in Zusammenarbeit mit der Internationalen Vereinigung Katholischer Männer Unum Omnes spezielle Osteuropa-Semiare. Angesprochen werden Männer, die sich vor Ort engagieren. Nach 1995 war in diesem Jahr das Bischof-Benno-Haus in Schmochtitz bei Bautzen Veranstaltungsort der Tagung. Sie stand unter dem Motto "Der Weltdienst katholischer Männer in den Ländern Mitteleuropas - Christen und Demokratie"

Elmar Fastenrath erklärt: "Ausgehend von der katholischen Soziallehre, sollen die Menschen befähigt werden, zu überlegen, wie die Dinge in ihrem Land gestaltet werden können." Dabei nennt er stellvertretend zwei Beispiele, den Umweltschutz und die Wirtschaft, gerade letztere sei für viele Menschen in Mittel- und Osteuropa noch ein unbekanntes Feld. Würden die Menschen jedoch lernen, sich in diesen Bereichen zu engagieren, so brächten sie irgendwann doppelte Kompetenz ein: als Fachmann und als Christ

Heinz-Josef Nüchel, Präsident der Gemeinschaft Katholischer Männer Deutschlands betont, daß die Werte aus der Kirche in die Welt herausgetragen werden und umgekehrt die Welt in die Kirche hineingebracht wird. Für ihn und alle, die beim Seminar mitarbeiten, ist es besonders wichtig, daß das Selbstbewußtsein der Laien in diesen Ländern wächst

Doch die Schulung der Multiplikatoren ist nur eine Seite. Wichtig ist es zuvor, die kirchlichen Verantwortungsträger in den Diözesen in Mittel- und Osteuropa von der Wichtigkeit des Weltdienstes und des Apostolates der Laien zu überzeugen. Grundsätzlich sei es heute noch eher schwierig, die Bischöfe für diese Anliegen zu begeistern. Viele hätten Angst, daß ihnen vom Westen Strukturen aufgezwungen werden. Aber darum gehe es nicht, wie Prof. Fastenrath betont, "es geht um die Seelsorge am Mann und die Frage, wie kann er sich in der Diasporasituation bewähren?

In einer Auswertungsrunde wurde deutlich, daß sich die Situationen in den einzelnen Ländern oft gleichen. So ist überall das Bedürfnis nach Bildung vorrangig genannt worden. Die Teilnehmer aus der Slowakei machten deutlich, daß es in ihrem Land nur ein geringes Bewußtsein der persönlichen Verantwortung gebe, problematisch sei auch die mangelhafte Verwaltung in Städten und Gemeinden so wie die rechtliche und soziales Ungewißheit vieler Menschen. Daraus, so die Teilnehmer aus der Slowakei, ergeben sich folgende Prioritäten: Änderung des gesellschaftlichen Bewußtseins, selbstsicheres Auftreten der Christen und das Begreifen der Rolle des Rechtsstaates. Dabei können die Slowaken bereits auf konkrete Maßnahmen verweisen, so organisiere ein Katholisches Haus jede Woche Vorlesungen, an denen 50 bis 200 Leute teilnehmen

Die Ungarn betonten, daß es in der jetzigen politischen Situation ihres Landes darauf ankomme, alle christlichen und demokratischen Kräfte und Bewegungen unter einer Dachorganisation zu vereinigen, um so eine gesellschaftliche Wende zu erreichen. Gerade christliche Kreise in Ungarn fühlen sich durch die derzeitige Regierung aus Sozialisten und Liberalen nicht vertreten. In Schmochtitz brachten sie zum Ausdruck, daß sie in einer öko-sozialen Marktwirtschaft die beste Voraussetzung für die Zukunft ihres Landes sehen. Problematischer als in Ungarn ist das Leben in Rumänien. Tibor Korzinger sagte, daß es wenige geeignete Politiker gibt, die Rumänien aus der Krise führen könnten. Im ganzen Land gebe es Angst vor Korruption. Diese und die Sorge um das tägliche Auskommen hindere viele Menschen daran, sich politisch zu engagieren. Dazu kommt - wie übrigens auch in allen anderen ehemals kommunistischen Ländern - der Umstand, daß der Weltdienst der Christen und die Demokratie keine Tradition habe. Tibor Korzinger plädierte deshalb für eine Zusammenarbeit mit den orthodoxen Christen, zum zweiten müsse es zu einem Dialog zwischen Christen, Parteien, Bewegungen und anderen Gruppen kommen. Auf die Frage wann mit dem Dialog begonnen werden soll, sagte Korzinger: "Am besten sofort.

Insgesamt kamen die Teilnehmer aus sieben Ländern: Kroatien, Mazedonien, Rumänien, der Slowakei, Tschechien, der Ukraine und aus Ungarn. Heinz-Josef Nüchel erzählt, wie es zum Engagement für Mittel- und Osteuropa kam. Zeitlich fiel der Fall des Eisernen Vorhangs und die Generalversammlung der Internationalen Vereinigung Katholischer Männer Unum Omnes in Wien zusammen. Und hatte sich der Verband bisher wenig nach Mittel- und Osteuropa orientiert, so wurde es nach dieser Tagung anders. Die deutsche Delegation schlug damals die Zuwendung in diese Länder vor, wo katholische Laienverbände nicht zugelassen waren. Ziel war und ist es, die Männerseelsorge und Männerarbeit in diesen Ländern voranzubringen. Das erste Seminar in Schmochtitz war dann 1995 dem Aufbau der Katholisch-sozialen Bildungsarbeit verpflichtet. Im vergangenen Jahr traf man sich vor Ort in Ungarn. Heinz-Josef Nüchel weißt darauf hin, daß sich Motto und Gestaltung dieser Seminare nach den Fragen der Christen in diesen Ländern richten. Und einige kommen inzwischen bereits das dritte Mal zu diesem Treffen. Auf die Frage, was auf skeptische Sichtweisen eines Weltdienstes der Laien geantwortet werden kann, meint Heinz-Josef Nüchel: "Heilsdienst ist Weltdienst! Es geht um die Verzahnung von Welt und Kirche." Menschen sollen ermutigt werden, sich als Christen in den eigenen Lebensbereichen zu bewähren: in Familie, Beruf, Pfarr- und Ortsgemeinden. Denn das Christentum werde nicht allein von Bischöfen und Klerikern getragen, sondern vom ganzen Volk Gottes, von jedem einzelnen. Holger Jakobi

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 41 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 12.10.1997

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