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Bistum Dresden-Meißen

Caritas bleibt unverzichtbar

Festveranstaltung zum 75jährigen Bestehen

Dresden - Mit dem Motto "Not sehen und handeln. Caritas" feierten 600 Mitarbeiter aus den Caritaseinrichtungen und -diensten sowie zahlreiche ehrenamtliche Mitarbeiter am 26. September aus dem Bereich der Diözese Dresden-Meißen das 75. Jubiläum des Diözesan-Caritasverbandes. Somit hätten "exakt 10 Prozent der tätigen Mitarbeiter und Ehrenamtlichen in Vertretung der Diensttuenden" an dem Festgottesdienst in der Kathedrale und an der Festlichen Stunde im St.-Benno-Gymnasium teilgenommen, sagte Diözesancaritasdirektor Horst Kutschke in seiner Begrüßung

Im Gottesdienst hatten die verschiedenen Arbeitsbereiche der Caritas jeweils für ein Notprojekt in Afrika, Brasilien, Bosnien, Polen, der Ukraine und Rußland gespendet, um das Motto "Not sehen und handeln" zu konkretisieren. Die Spenden von insgesamt 25 000 Mark wurden symbolisch zum Altar gebracht

In seiner Predigt interpretierte Bischof Joachim Reinelt den Auftrag der Caritas in der 75jährigen Geschichte und für die Gegenwart. "Caritasgeschichte ist sowohl Heilsgeschichte der Caritas wie des Einzelnen, der in ihr tätig ist", betonte der Bischof. "Dabei ist echte Caritas nicht zuerst Struktur, System, Fachkompetenz, sondern die herzliche Beziehung von Person zu Person. Wer noch nicht einem leidenden Menschen in die Augen geschaut hat, der wird auch kaum gute Strukturen entwickeln können", sagte der Bischof

In einer festlichen Stunde im St.-Benno-Gymnasium erlebten die 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine Gratulationscour für den 75jährigen Verband. Gratulanten waren unter anderem die Tänzerinnen der Dresdner Tanzgruppe "Tikwa", eine Kindergartengruppe der Kindertagesstätte St. Paulus und viele andere

Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Prälat Hellmut Puschmann, ging in seiner Ansprache auf die Grundfrage vieler Caritasarbeiter ein, wie es denn mit dem Sozialen in dieser Gesellschaft weitergehen solle. "Wir fühlen, so wie es jetzt läuft, so geht es nicht weiter", sagte Puschmann. "Menschliche Grundleistungen fehlen, viele äußerliche Mechanismen prägen diese Gesellschaft. Was ist zu retten? Die menschliche Würde und der unverbaute Zugang zum Nächsten. Hier ist Mutter Teresa zum Caritassymbol für viele Menschen geworden." In ihrer Person werde der Grundauftrag der Caritas ganz deutlich: als Partner der Armen in der Option für die Armen tätig zu sein

Ein weiterer Festakt mit kirchlichen und politischen Gästen fand am darauffolgenden Tag in der Geschäftsstelle des Diözesancaritasverbandes in der Magdeburger Straße 33 statt. Einen lebendigen Rückblick über 75 Jahre Caritasgeschichte gab dabei Ordinariatsrat Dr. Siegfried Seifert aus Bautzen

In seinem Festvortrag zum Thema "Caritas in der gesellschaftlichen Krise" sprach der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Hellmut Puschmann, über die Probleme und Chancen der Caritas im Einzelnen wie die des Sozialstaates Bundesrepublik Deutschland. "Auch wenn die in Deutschland gewachsene Sozialpolitik heute durch neoliberalistische Politik unter Druck geraten ist", betonte Puschmann, "so gibt es doch für uns als Caritasmitarbeiter echte Chancen: Wir haben einen Auftrag, der im Evangelium begründet ist, sündhafte Strukturen zu überwinden. Und wir haben Übung in diesem Bemühen." Das Modell des Sozialstaates gelte es zu reformieren. Ständige Innovation sei notwendig im Wandel gesellschaftlicher Prozesse. Dem gegenüber stehe dem Verband ein hohes Potential an Kompetenz, Verstand und Bereitschaft zur Verfügung, diese Prozesse zu verändern und zu gestalten. Mut zur Innovation sei ebenso notwendig wie Widerstand gegen inhumane Tendenzen des Zeitgeistes. Zentrales Anliegen bleibe der Erhalt der Solidargemeinschaft, eine Aufgabe, die der Caritas nicht von der Politik oder der öffentlichen Meinung zugewiesen werde

Bischof Joachim Reinelt begründete mit dem Zitat des Ignatius von Antiochien "Es grüßt euch die Agape von Ephesus und Smyrna", daß seit urchristlicher Zeit Caritas und Gemeinde identisch seinen. Die Aussage "seht, wie sie einander Lieben", sei die Verpflichtung aller Christen zur Caritasarbeit. "Ich gratulieren allen, die das verstanden haben und die danach leben", sagte Bischof Reinelt in seinem Festvortrag

Staatssekretär Dr. Albin Nees, der die Grüße der Staatsregierung überbrachte, betonte, daß Verbände der freien Wohlfahrtspflege wie Caritasverband und Diakonisches Werk auch für die Sozialarbeit in einem durchorganisierten modernen Staat unverzichtbar seien. Die Gesetze würden zu einem undurchdringlichen Dickicht ohne die wohlwollende Sicht von Menschen, die auch in verwalteten Strukturen den Durchblick hätten

An den Festakt schloß sich unmittelbar die Grundsteinlegung für das neue Altenpflegeheim "St. Michael" an

Aloys Funke

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 41 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 12.10.1997

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