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Bistum Görlitz

Auf den Spuren der Aktion Sühnezeichen

Studienreise nach Polen und Tschechien

Cottbus (tdh) - Zwölf Christen aus Cottbus, Oranienburg und Leipzig, die sich seit DDR-Zeiten aus der Aktion Sühnezeichen kennen, unternahmen im Oktober eine Studienfahrt nach Tschechien und Polen. Bernd Lattig, Caritas-Kreisstellenleiter in Cottbus, hat an der Fahrt teilgenommen und anschließend seine Eindrücke aufgeschrieben

"Über Theresienstadt, unserem ersten Halt, erreichten wir unser erstes Ziel, Miroslaw, eine kleine Stadt südllich von Brno / Brünn. Die Kontakte dahin gehen auf eine Zeit zurück, als die Aktion Sühnezeichen dort den jüdischen Friedhof säuberte, um ein Zeichen zur Versöhnung und Verständigung zwischen den Völkern zu setzen. Mit den Gastgeberfamilien führten wir intensive Gespräche über die Entwicklung nach der Wende. Die bescheidene Zufriedenheit stimmte uns nachdenklich, weil wir mit unseren viel besseren Lebensverhältnissen oft unzufrieden sind. Das Gehalt einer Lehrerin liegt wenig über 300 Mark, die Durchschnittsrente zwischen 200 und 300 Mark. "Wir kommen schon zurecht" war die Antwort auf unsere Frage, wie sie mit dem Wenigen zum Leben auskommen

Die nächste Station war Olomouc / Olmütz, eine vom Julihochwasser in Mitleidenschaft gezogene Stadt. Der Ortscaritasverband, mit dem wir im Gespräch waren, hat in kurzer Zeit drei Hilfsprojekte ins Leben gerufen: Ein Nottelefon, von drei Psychologen und 30 ehrenamtlichen Helfern rund um die Uhr besetzt, berät bei psychischen Problemen und vermittelt konkrete Hilfen für Hochwassergeschädigte. Für das zweite Projekt sammelt die Caritas Spenden zum Bau kleiner Häuser

Über 130 Häuser wurden völlig zerstört, deren Bewohner in umgebauten Kasernen vorübergehend eine provisorische Bleibe gefunden haben. Das dritte Projekt, ein Hochwasser-Katastrophenlager, sammelt Kleidung, Möbel und Elektrogeräte

Der Nachschub kann den Bedarf nicht decken, außerdem mangelt es der Caritas dringend an einem Kleintransporter. Die aus Deutschland mitgebrachten Sach- und Geldspenden wurden besonders für dieses Projekt dankbar angenommen

Ein Lastwagen aus Olomouc wird sich in den nächsten Wochen nach Cottbus aufmachen, um von der Caritas-Kreisstelle weitere Sachspenden entgegenzunehmen. Gern stellt sich die Caritas-Kreisstelle Cottbus dieser Verbindung nach dem Osten, wurde ihr doch in der Wendezeit aus dem Westen auch geholfen

Unser Weg führte uns weiter nach Auschwitz. Der Gang durch das Vernichtungslager, in dem unzählige Juden umgebracht wurden, wurde uns schwer. Uns wurde deutlich, daß es besser ist, sich der Geschichtsaufarbeitung unmittelbar zu stellen als sie zu verdrängen. Viele Fragen blieben offen, die Sprachlosigkeit bei einem jeden von uns auslösten. Vor der Zelle von Maximilian Kolbe verharrten viele Menschen im Gebet. Die 1986 eingerichtete internationale Jugendbegegnungsstätte führt Seminare zur Aufarbeitung der Geschichte von Auschwitz durch. Im Zentrum für Dialog und Gebet der Katholischen Kirche, das 1992 entstand, besteht die Möglichkeit zur Information, zu Gesprächen und zur Besichtigung und zum Gebet für Gruppen und Einzelpersonen

In Krakau, dem nationalen geschichtlichen Zentrum Polens, endete unsere Fahrt. Am Wawel und an der Marienkirche kommt kein Besucher Krakaus vorbei. Weniger bekannt ist das jüdische Viertel mit mehreren jüdischen Synagogen, in denen der Besucher einen Einblick in die jüdische Religion und Kultur bekommt. Mit vielen Eindrücken und neuen Erfahrungen kehrten wir nach Deutschland zurück. Zu unseren östlichen Nachbarn haben wir einen neuen Zugang gefunden.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 43 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 26.10.1997

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