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Bistum Dresden-Meißen

Vater auf Zeit

Internatsdirektor der Kapellknaben

Großfamilien sind out, Kleinfamilien sind in. Nicht so bei Norbert Hoffmann. Er hat nicht nur fünf eigene Kinder, sondern war auch in den letzten 25 Jahren für 200 Jungen ein "Vater auf Zeit". Norbert Hoffmann ist Internatsdirektor der Dresdener Kapellknaben. Eine Aufgabe, die er "sofort wieder übernehmen würde"

Der Beruf eines Internatsdirektors war für Hoffmann in seinem Leben nicht immer so vorgezeichnet. 1934 wurde er in Liegnitz (Schlesien) geboren. Nach seinem Abitur in Berlin wechselte er zum Sprachenkonvikt nach Halle an der Saale, um sich dort auf das Priesteramt vorzubereiten, brach das aber ab. 1956 begann er ein Studium der Pädagogik. Vier Jahre später wechselte er nach Erfurt, um dort Theologie zu studieren. 1962 ging Hoffmann als Pädagoge an das bischöfliche Vorseminar in Schöneiche bei Berlin. 1972 wurde er vom damaligen Bischof von Dresden-Meißen, Gerhard Schaffran, zum Internatsdirektor des Kapellknabeninstituts der heutigen katholischen Kathedrale Ss. Trinitatis in Dresden ernannt

Als er damals anfing, seien rund 50 Jungen aus der gesamten DDR im Internat gewesen. Sie schliefen in zwei großen Schlafsälen auf Stahlbetten und hätten sich auf Schule und Chor konzentriert. Freizeitangebote waren Mangelware. Auch der Sportplatz sei in einem "erbärmlichen" Zustand gewesen. "Von einer wohnlichen Atmosphäre spürte ich nichts", erinnert sich Hoffmann an seinen ersten Eindruck

Heute, 25 Jahre später, stehen den Jungen vier Schlafsäle mit Doppelstockbetten sowie für die Älteren Einzelzimmer zur Verfügung. Der Tischtennisraum, der Billiardtisch oder der Fußballplatz gehören mittlerweile zu den Lieblingsstätten der Internatler. "Ich wollte den Jungen während ihrer acht Jahre im Internat ein gutes Zuhause bieten", beschreibt Hoffmann die Gründe für den Umbau

Bei der Betreuung der 36 Internatler und zwölf Tagesschüler vor allem im schulischen Bereich helfen Hoffmann zwei Erzieher. Auch ist den Kapellknaben bei ausreichenden schulischen Leistungen ein Platz im St. Benno-Gymnasium in Dresden sicher. Fünf Pädagogen kümmern sich um die musikalische und instrumentelle Ausbildung. In der Hauswirtschaft sind sechs Fachkräfte tätig

Wesentlichen Anteil an der Entwicklung des Internats hatten nach den Worten von Hoffmann die Nazarethschwestern von Goppeln. Von 1979 bis 1990 hätten sie nicht nur in der Küche, sondern auch bei der Erziehung der Kinder geholfen. Um mit den Erkenntnissen in der Internatspädagogik Schritt zu halten, legte Hoffman schon früh Wert auf die Fortbildung seiner Mitarbeiter. So beteiligt sich das Kapell-knabeninstitut seit neun Jahren an der katholischen Internatsleiterkonferenz in Deutschland. Aus dieser Zusammenarbeit entstand dann auch die Idee, eine Plakataktion angesichts des mangelnden Interesses am Internatsleben zu starten

Noch zu DDR-Zeiten hätten viele Eltern das lnternat gewählt, weil die Kinder dort ohne staatlichen Druck erzogen wurden. "Was dasVerhältnis zum Staat anging, war das Institut eine Insel der Seligen." Aber dennoch benutzte der Staat das Institut als Aushängeschild dafür, daß er kirchliche Ausbildung nicht behindere. Dies endete jedoch mit dem Wendejahr 1989. Jetzt gibt es vielfältigere Möglichkeiten der Bildung, deshalb kommen die Kapellknaben heute vor allem nur noch aus Dresden und Umgebung. Hoffmanns Folgerung: "Wir müssen in der Öffentlichkeit präsenter werden. Die Bürger in Dresden sollen merken, daß es nicht nur den Kreuzchor gibt." So könnten etwa eine neue CD oder Auftritte in der Dresdener Kathedrale den Kapellknaben und dem Institut helfen. Bei der Umsetzung baut Hoffmann auf die Unterstützung von Domkapellmeister Matthias Liebich. Aber auch der Tag der offenen Tür ist ein guter Anfang für Eltern und Kinder, um erste Kontakte mit dem Internat zu knüpfen

Andreas Rohrin

Die nächste Gelegenheit dazu bietet sich am Samstag, dem 8. November. Dann veranstaltet das Internat in der Wittenberger Straße 88 von 10 bis 12.30 Uhr einen "Tag der offenen Tür". Eingeladen sind vor allem alle Jungen des ersten bis dritten Schuljahres - und natürlich ihre Eltern

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 44 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 02.11.1997

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