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Bistum Erfurt

Unternehmertum aufwerten

Ex-BVS-Präsident Hornef zum Aufbau Ost

Erfurt - Für eine ausgewogenere Darstellung unternehmerischer Tätigkeit an den Schulen Ost- und Westdeutschlands hat sich der frühere Präsident der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BVS) in Berlin, Dr. Heinrich Hornef, ausgesprochen. Künftig werde nur dann eine breite Schicht junger Unternehmer nachwachsen, wenn diese Tätigkeit in der Gesellschaft prinzipiell positiv beurteilt wird und unternehmerischer Wagemut und entsprechendes Engagement anerkannt sind, so Hornef. Junge Unternehmer aber würden gebraucht, um mit Ideen und Fantasie das Wirtschaftswachstum zu beschleunigen und so die hohe Arbeitslosigkeit beseitigen zu können. Hornef, der Mitglied des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU) ist, referierte bei einem Gesprächsabend zum Thema "Aufbau Ost. Herausforderungen für Politik und Wirtschaft". Dazu hatte das Katholische Forum im Land Thüringen Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Kirche in die Erfurter Bildungsstätte St. Martin eingeladen

Dr. Hornef, der die BVS zwei Jahre lang leitete und vorher über Jahre in den Vorständen westdeutscher Großunternehmen tätig war, äußerte sich kritisch zum Wort der Kirchen zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland. Während im So-zialwort klar die Notwendigkeit der Solidarität zwischen den Menschen formuliert sei, werde der Bedeutung der Wertschöpfung - also dem unternehmerischen Tun - für das Wohl der Gesellschaft eine zu geringe Rolle beigemessen. Bundespräsident Roman Herzog habe dies im April dieses Jahres in seiner programmatischen Berliner Rede ausgewogener dargestellt

Nach der Vereinigung habe hinsichtlich der Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Ost und West besonders bei den Renten der Gedanke der Solidarität eine wichtige Rolle gespielt, so daß viele Ostdeutsche schnell passable Renten bekamen. Dabei hätte schon ab 1990 aus finanziellen Gründen eine Absenkung der Renten für alle in Deutschland beginnen müssen. Die jetzt beschlossene schrittweise Absenkung des Rentenniveaus sei voraussichtlich nur der Anfang von weiteren Veränderungen, meinte Hornef

Der frühere BVS-Präsident verteidigte die schnelle Privatisierung der ehemaligen DDR-Staatsbetriebe durch die Treuhand. "Was dort gemacht wurde, war hart und bitter, aber richtig." Die Privatisierung sei der einzige Weg gewesen, um aus den Betrieben schnell wettbewerbsfähige Unternehmen zu machen. Heute bestehe für die ostdeutsche Wirtschaft allerdings nur im Rahmen einer positiven wirtschaftlichen Gesamtlage eine echte Chance, auf die Füße zu kommen. "Wenn der Westen lahmt, kann man nicht erwarten, daß Ostdeutschland einen Weltrekord läuft", sagte Hornef

In einem sich anschließenden Gespräch bedauerte Hornef das Fehlen von Eigenkapital für junge Unternehmer in Deutschland. "Was im Gegensatz zu den USA fehlt, ist die zur Verfügungstellung von Eigenkapital. Die Banken tun dies in nur ganz geringem Umfang." Ein junger Mann aber, der neue Ideen im Computerbereich habe, brauche zwei, drei Millionen Mark, um ein Unternehmen gründen und Anlaufjahre bestehen zu können. Wenn er von Anfang an aber riesige Kredite abzahlen müsse, werde er vielleicht gar nicht erst beginnen, ein Unternehmen zu gründen

Diözesan-Caritasdirektor Bruno Heller mahnte in dem Gespräch eine größere Wahrhaftigkeit der Politik bezüglich der wirtschaftlichen Fakten an. Die Politik müsse den Menschen etwa über die Perspektiven hinsichtlich der Arbeitslosigkeit "klaren Wein" einschenken

Eckhard Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 44 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 02.11.1997

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