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Bistum Magdeburg

Mehr als 300 Kilometer Fußmarsch

Junge Erwachsene aus Bistum Magdeburg auf Pilgerreise

Verdiente Mittagspause bei den Pilgern Die Diözesanstelle für Dekanatsjugendpastoral hat von Ende August bis Mitte September eine Pilgerreise nach Santiago de Compostela veranstaltet. Zehn junge Erwachsene aus dem Bistum Magdeburg machten sich vom nordspanischen León aus zu Fuß auf den Weg zu dem mehr als 300 Kilometer entfernten Wallfahrtsort. Einer der Pilger, Michael Kauer, hielt seine Eindrücke für den Tag des Herrn im Tagebuchstil fest:
24. August, Mitternacht in Paris: Der preiswerte Eurobus hält wie andere Linienbusse in einer abgasverseuchten Tiefgarage. Es ist laut und unklar, wann es weitergeht. Schon jetzt kann kaum noch einer sitzen, geschweige denn schlafen.
25. August, León: Start unseres Pilgerweges. Unterbringung in einer Turnhalle, aber die deutsche Frau am Empfang war sehr freundlich. León am Abend: Toll, wir gehen einen trinken. Leider schließt die Herberge schon um 22 Uhr.
26./27. August: Der Camino (Weg) führt dauernd entlang einer stark befahrenen Straße. Wir treffen zwei Radfahrer aus Thüringen, die mit Instrumenten auf Weltreise sind. Jens und Wolle singen uns auch was aus ihrem Repertoire. Ein schöner Abend.

Dafür wird der darauf folgende in Astorga nicht so toll: Massenquartier mit spanischen Kindern, zuvor den ganzen Tag Hitze. Aber das Abendessen (selbst gekocht, mit eigenem Kocher) war eine schöne Entschädigung.

Jeden Tag um 6 Uhr aufstehen, Morgengebet, frühstücken, packen, loslaufen. Heute Gewitter mit Regenguss. Wir treffen nochmal die weltreisenden Sänger.

28. August: Jetzt geht' s übers Gebirge. In Manjurin treffen wir den "letzten Templer" (alter Ritterorden) auf dem Camino. Er betet mit uns für den Frieden. Seine Hütte liegt in einem Gebiet, wo es noch Wölfe gibt. Zum Glück laufen wir nur tagsüber.

29. August: In Molinaseca haben einige von uns draußen geschlafen. Ein Hund verfolgt uns kilometerweit. Entlang des Wegs Tomaten und Felder mit reifen Weintrauben. Haben lecker geschmeckt.

30. August: Eine "Luxusherberge": Zweierzimmer, die aussehen wie Schlafzimmerschränke, bloß dass man in diesen Schränken schlafen kann.

31. August: Wir verlieren zwei aus unserer Gruppe, weil sie zu weit laufen. Irgendwie haben wir mit den Absprachen etwas falsch gemacht. Erst spät am Abend erreichen uns die Verlorenen telefonisch in unserem Refugio (Pilgerherberge). Gott sei Dank, es ist nichts passiert.

1. September: Jetzt kommt der zweite Gebirgszug. Vier Stunden bergauf, tolle Waldwege, aber steinig. In O Cebreiro treffen wir die beiden Ausreißer wieder. Als Überraschung gibt es am Abend mal eine gehobene Unterbringung: Statt Matratzen oder Stockbetten mal richtige Betten und statt Reis mit Tomatensoße oder Baguette mit Wurst und Käse mal ein richtiges Essen mit Salat, Tortilla, Fleisch und Bratkartoffeln und sogar Nachtisch. Wie schön, dass es kein normales Refugio im Dorf gab.

2. September: Die Unterbringung im Kloster Samos hab ich mir schöner vorgestellt. Wenigstens gibt es warmes, selbst gekochtes Essen im Freien. Die spanische Messe ist ein Schock: In zwanzig Minuten fertig ohne ein Lied. Und nach dem Segen wird sofort das Licht ausgemacht.

3. bis 5. September: Wir finden die Herberge nicht. Dann haben wir doch noch ein Refugio, allerdings ohne Matratzen. Die Gruppe schläft im Aufenthaltsraum auf Isomatten. Einer der schlimmsten Tage.

6. September: Heute haben wir uns 30 Kilometer vorgenommen. Einige Fußkranke müssen nachgetrampt kommen, damit die Gruppe zusammenbleibt.

7. September: Endlich in Santiago de Compostela angekommen. Die Kathedrale ist überwältigend. Zum Glück gibt es noch Betten im Seminar der Franziskaner. Stadtbummel und Krake-Essen. Ist allerdings nur was für Mutige, sieht ein bisschen eklig aus. Wir holen uns die Pilgerurkunde. Sie bestätigt, dass wir den Camino geschafft haben.

8. September: Pilgermesse mit deutscher Predigt anlässlich des Festes Mariä Geburt. Am Nachmittag machen wir uns auf den Weg ins Hafenstädtchen Muros.

9. September: Mit viel Glück haben wir eine kleine Ferienwohnung gefunden, wo wir alle unterkommen können. Wir belohnen uns für die große Strapaze mit einem Tag am Meer. Der Sonntagsgottesdienst ist leider wieder auf Spanisch. Aber der Pfarrer hat ein wenig Zeit für uns, und Nikola übersetzt uns alles.

10. September: Zurück in Santiago beenden wir die Fahrt mit einem Glas Wein mit der angestrahlten Kathedrale im Hintergrund. Es ist kühl geworden.

11./12. September: Die Terroranschläge in den USA bereiten uns große Sorgen. Endlich eine deutsche Zeitung: Alles ist viel schlimmer, als wir vermutet haben. Und dann stinkt auch noch das Busklo 33 Stunden lang, und die spanische Musik nervt, und der Bus kommt verspätet an, so dass wir den letzten Zug nach Magdeburg verpassen und uns privat in Hannover abholen lassen müssen. Es kommen aber alle wieder gut nach Hause.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 41 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 11.10.2001

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