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Bistum Magdeburg

Lichtblicke für Laubharker

Seit fünf Jahren BDKJ-Arbeit in Wittenberg

Delitzsch (dw) - Freude und Ärger liegen bei den Jugendlichen des Dekanates Wittenberg dicht beieinander: Ende Oktober feierten sie in Delitzsch mit einem festlichen Gottesdienst und einer fetzigen Fete das fünfjährige Bestehen ihres Dekanatsverbandes im Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ)

"Der schönste Gottesdienst seit der Gründung" sagte der Dekanatsvorsitzende Andreas Engelmann nach der heiligen Messe, die Zeitzer, Delitzscher und Zörbiger Jugendliche gemeinsam musikalisch gestaltet hatten. In der vorangegangenen Mitgliederversammlung hatten Vertreter aller Pfarrjugendgruppen bei Kaffee und bunten Lutschern Zukunftspläne geschmiedet und Rückblick gehalten auf gelungene und auch auf weniger gelungene Veranstaltungen der zurückliegenden Zeit

Ein Wermuthstropfen, der ihre Arbeit fünf Jahre hindurch begleitet hat: Immer wieder mußten sie Schelte einstecken für Äußerungen ihrer westdeutschen Verbandskollegen, hinter denen sie selbst oft gar nicht standen. Als sie sich dem BDKJ vor fünf Jahren anschlossen, war das eher eine "Vernunftheirat". Am liebsten hätten die Wittenberger Dekanatsjugendlichen mit den Strukturen der Dekanats-Helferkreise weitergearbeitet, die sich zu DDR-Zeiten bewährt hatten: "Hier waren wir Jugendlichen eine große Familie im Haus der Kirche, wir fühlten uns geborgen und frei zu tun und zu lassen, was wir im Helferkreis für richtig hielten", erinnert sich Andreas Engelmann

Daß es ganz so nicht weitergehen konnte, hatte finanzielle und rechtliche Gründe: Ohne öffentliche Zuschüsse wären die Teilnehmerkosten für Dekanatsveranstaltungen ins Unerschwingliche geklettert. Um Zuschüsse zu bekommen, mußte jedoch eine Vereins- oder Verbandsstruktur her. Die Wittenberger Dekanatsjugend plante die Gründung eines Vereins, der "Quo vadis" heißen sollte

Im Jugendseelsorgeamt des Bistums Magdeburg stieß dieser Plan allerdings auf wenig Gegenliebe: Auf Bistumsebene hatte man den BDKJ bereits gegründet. Ein zweiter Verein, der das gleiche Ziel haben würde wie der schon bestehende BDKJ, schien nicht möglich. Die Dekanatsjugend trat am 24. Oktober 1992 dem Verband bei und erwirkte dazu mit Hilfe des Diözesanverbandes zunächst eine Ausnahmeregelung und schließlich eine Satzungsänderung beim bundesdeutschen BDKJ. Vorher konnten nicht einzelne Jugendliche, sondern nur katholische Jugendverbände wie die Katholische Junge Gemeinde, Jungkolping oder die Malteser Jugend Mitglied im BDKJ werden. Mit dem Gedanken, geschlossen einem solchen Verband beizutreten, konnten sich die Wittenberger Jugendlichen aber ganz und gar nicht anfreunden. Ihnen kam es auf jeden Einzelnen an, der in der Pfarrjugend seiner Gemeinde mitmacht

In diesem Sinne tun die Teilnehmer des Helferkreises, der sich nun "Mitgliederversammlung" nennt, ihre ehrenamtliche Arbeit: "Wir wollen für die Jugendlichen in den Pfarrjugendgruppen da sein, ohne uns jedoch in die Jugendarbeit der Gemeinden einzumischen", betont der Vorsitzende des Dekanatsverbandes. Gerade für Jugendliche aus kleineren Gemeinden, in denen kirchliche Jugendarbeit sich mitunter im Laubharken auf dem Pfarrgelände erschöpft, sind Dekanatsveranstaltungen manchmal die einzigen Gelegenheiten, religiöse Gemeinschaft mit Gleichaltrigen zu erleben

Durch ein Infoblatt des BDKJ-Dekanatsvorstandes und eine Verbandszeitung, redigiert von der Bitterfelderin Judith Lachmund, erfahren sie von den Veranstaltungen

Traditionelle Angebote für Jugendliche im Dekanat sind das Christkönigs-Treffen, die Meditations-Nacht, Saisoneröffnung und -abschluß, ein Maiwochenende und ein Sommerferienlager. In diesem Jahr soll darüber hinaus unter anderem ein Schwimmfest stattfinden, zu dem auch Jugendliche aus anderen Dekanaten eingeladen werden, ein Einkehrwochenende für Helfer und eine Silvesterfete. Gemeinsame Wochenenden fangen immer mit einem Geistlichen Wort an, und in der Regel enden sie mit einer Fete

Beim nächsten Christkönigstreffen im November soll es um die Alltagssorgen Behinderter gehen. Das stand schon länger fest. Während der Jubiläums-Mitgliederversammlung in Delitzsch haben die Stimmberechtigten nun beschlossen, daß es nicht bei grauer Theorie bleiben soll. Bei einem Fußballspiel wollen die Jugendlichen Kontakt knüpfen mit Bewohnern des Caritas-Behindertenheimes Burgkemnitz

Den BDKJ-Veranstaltungen geht es ähnlich wie den katholischen Sonntagsgottesdiensten hierzulande: Die Teilnehmerzahl sinkt langsam, aber stetig. Eine Frage, die dem Leitungsteam des Dekanates seit einiger Zeit unter den Nägeln brennt und für die es wohl keine Patent-Antwort gibt: Wie können wir den "Nachwuchs" besser erreichen? Im Jugenddekanat steht ein Generationswechsel an: Die Gründer des BDKJ-Dekanatsverbandes haben die DDR noch bewußt miterlebt und sind geprägt von der damals unumgänglichen bewußten Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben. Für die 14- und 15jährigen, die heute in die katholische Jugend aufgenommen werden und die stärker in die Arbeit des Verbandes einbezogen werden sollen, gehören viele Erfahrungen ihrer zehn und mehr Jahre älteren Mitstreiter schon zur Historie

Bislang sind jüngere und ältere Jugendliche recht gut miteinander zurechtgekommen - bis hin zu Jürgen Bernhardt, einem Mittvierziger aus Bitterfeld, der vom damaligen Vikar Michael Schelenz eigentlich nur gebeten worden war, die Verbandsgründung "mal ein Jahr lang zu begleiten". Der stellvertretende Verbandsvorsitzende bringt sich mit praktischen Arbeiten und Ratschlägen noch heute in den BDKJ-Dekanatsverband ein. Das häufige Zusammensein mit den Jugendlichen hält ihn selbst jugendlich. Von seiner ältesten Tochter Steffi, die ebenfalls in der Dekanatsjugend mitmischt, bekommt er deshalb manchmal zu hören: "Vater, jetzt bleib mal auf dem Teppich!

Besonders deutlich wurde das gute Miteinander während der 16 Monate, die der Dekanatsverband nach der Versetzung von Vikar Michael Schelenz ohne Dekanatsjugendseelsorger auskommen mußte. Die Mitgliederversammlung verstand das selbst als "Härtetest", nicht zuletzt weil der Jugendseelsorger im Verband der einzige gewesen war, der sich dem Dienst in der Kirche hauptamtlich widmen konnte. Seit vorigem März ist Vikar Hartmut Neuhaus neuer Wittenberger Dekanatsjugendseelsorger. Die Jugendlichen hatten ihren Wunsch nach einem Seelsorger vorher mehrmals bei der Bistumsleitung in Erinnerung gerufen

Mit den Priestern ihres Dekanates noch intensiver als bisher ins Gespräch zu kommen, hat sich die Wittenberger Jugend in diesem Jahr in besonderer Weise vorgenommen. Im Frühjahr hatten sie die hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger deshalb zu einem "Tag der Jugendarbeit" eingeladen. Zum beiderseitigen Erstaunen kam dabei heraus: Die Vorstellungen, die Gemeindereferentinnen und Priester von kirchlicher Jugendarbeit haben, sind gar nicht so anders als die der kirchlich engagierten Jugendlichen

Den Vorstandsmitgliedern des BDKJ-Dekanatsverbandes ist das ganz wichtig: "Wir wollen in der Kirche gemeinsam mit den Priestern etwas bewegen", formuliert es Andreas Engelmann. Daß man für die Dekanatsveranstaltungen bewußt kirchliche Räume nutze, sei dafür nur ein äußeres Zeichen. Mit dem Begriff "Amtskirche", der auf Bundesebene bei Auseinandersetzungen zwischen BDKJ und Priestern oftmals falle, könne er selbst nicht viel anfangen. Der Bundesverband wolle "Stachel im Fleisch der Kirche sein". In Wittenberg wolle man das nicht: "Denn Stacheln reißen immer auch Wunden." Gemeinsam mit dem Magdeburger Diözesanverband belassen es die Wittenberger nicht bei Selbstmitleid oder Meckern hinter vorgehaltener Hand. Sie versuchen, ihre Positionen in den Bundesverband einzubringen. Beispiel dafür ist der Demokratieförderplan des BDKJ. Der Diözesanverband Magdeburg sprach sich dagegen aus, in der Kirche alles auf demokratische Prinzipien auszurichten. "Es gibt einiges in der Kirche, was nicht einfach mit Handzeichen zu regeln ist", meint dazu Andreas Engelmann

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 45 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 09.11.1997

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