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Aus der Region

Neue Herausforderungen für das Institut

Patronatsfest am Erfurter Theologischen Studium

Erfurt - Kritik an einem um sich greifenden totalen Demokratieverständnis hat der Erfurter Moraltheologe Josef Römelt geübt. Bei allem Respekt vor der "tiefen humanisierenden Kraft" der demokratischen Idee müsse die Theologie vor der "Überschätzung" demokratischer Gepflogenheiten in Bereichen von Ethik und Moral, Glaube und Weltanschauung, aber etwa auch der Kunst warnen, sagte der Professor am 14. November bei einer Festakademie anläßlich des Albertus-Magnus-Patronatsfestes des Philosophisch-Theologischen Studiums in Erfurt

"Utopien der Kunst, philosophische Interpretationen von Glück, religiöse Verheißungen von Erlösung und Heil können als unabhängige menschliche Sinnquellen nicht demokratischen Entscheidungen unterworfen werden, auch wenn sie sich in das plurale Gespräch einbringen müssen", so der Moraltheologe, der mit dem Wintersemester 1997/98 das Rektorat des Philosophisch-Theologischen Studiums übernommen hat. Wenn sich beispielsweise im Land Brandenburg per Mehrheitsbeschluß die Kirchen nicht im öffentlichen schulischen Religionsunterricht selbst präsentieren dürften, sondern stattdessen im Fach "Lebensgestaltung, Ethik, Religionskunde" (LER) über die Kirchen und ihre Botschaft gesprochen werde, so sei das eine Entwicklung in die falsche Richtung. Hier sei die demokratische Kultur in der Gefahr, sich ihre eignen Wurzeln abzuschneiden. Römelt: "Die pluralistische Demokratie muß ihre Angewiesenheit auf ihr vorausliegende und aus anderen Quellen als nur dem demokratischen Konsens lebende Instanzen, Lebensformen und Institutionen anerkennen. Andernfalls untergräbt sie sich ihre eigenen Fundamente.

Im Rahmen der Albertus-Magnus-Festakademie wurden in Anwesenheit der (Erz-) Bischöfe von Berlin, Dresden-Meißen, Erfurt, Görlitz, Magdeburg und Hamburg sowie zweier Weihbischöfe 18 Studierende des ersten Semesters am Philosophisch-Theologischen Studium immatrikuliert. Davon sind 12 Theologiestudenten, darunter fünf Priesteramtskandidaten, und sechs Lehramts-Studenten. Zugleich wurden die Diplom-Arbeiten von zwei Absolventen der Hochschule prämiert: Priesteramtskandidat Ralph Kochinka aus dem Bistum Dresden-Meißen erhielt für seine Arbeit zum Thema "Der Ring - eine Möglichkeit zur Bildung eines Gemeindekerns" einen mit 1000 Mark dotierten Preis zuerkannt. Aufbaustudent Ulrich Zalewski aus dem Bistum Magdeburg wurde für seine Arbeit "Jakobs Kampf am Jabbok (Genesis 32, 23-33). Eine Auseinandersetzung mit Erhard Blum" mit dem gleichen Preis geehrt

Von "neuen Herausforderungen" für das Philosophisch-Theologische Studium hinsichtlich der im Aufbau befindlichen Erfurter Universität berichtete Professor Dr. Gerhard Feige, der im Studienjahr 1996 / 97 Rektor der Hochschule war. So sei beispielsweise in den Ausschreibungen der religionswissenschaftlichen Lehrstühle an der künftigen Philosophischen Fakultät die Erwartung zum Ausdruck gebracht, daß die Universität eng mit den Erfurter katholischen Theologie-Professoren zusammenarbeiten wolle. Der Prorektor weiter: Die Frage, ob das Philosophisch-Theologische Studium katholische Fakultät wird, bedürfe jedoch neuer Verhandlungen zwischen dem Freistaat Thüringen und dem Heiligen Stuhl. "Unabhängig davon halten wir es aber in jedem Fall für geboten, uns nicht abzuschotten, sondern schon jetzt Kooperationsformen mit der Universität zu suchen, die eventuell auch nach einem möglichen Scheitern derartiger Verhandlungen noch akzeptabel wären.

Auch Bischof Joachim Wanke, der als Erfurter Ortsbischof der Moderator für die Hochschule ist, äußerte die Hoffnung, "daß katholisch-theologische Lehre und Forschung durch die hier geleistete Arbeit für die Universität Erfurt und den Freistaat Thüringen und darüber hinaus fruchtbar werden wird. Ohne theologische Lehre und Forschung in ökumenischem Geist", so der Bischof weiter, "können unsere Ortskirchen in den jungen Bundesländern ihrem Grundauftrag nicht gerecht werden, der lautet: Das Evangelium allen Menschen als Lebens-, ja ,Überlebens-' Botschaft nahe zu bringen.

Auf die Aufgabe der Christen, den Menschen im zusammenwachsenden Europa das geistlich geistige Fundament des "gemeinsamen Hauses" bewußt zu machen, hatte am Morgen im Erfurter Dom der Berliner Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky hingewiesen. "Es gibt Grund zu der Befürchtung, daß die Ökonomie zum einzigen Kriterium des Zusammenlebens wird. Doch es gibt auch Hoffnung, daß die besten Traditionen fruchtbar gemacht werden können", sagte der Kardinal in seiner Predigt anläßlich des traditionellen Gottesdienstes zum Albertus-Magnus-Fest

Der Kardinal stellte die Aktualität des großen Theologen und Heiligen des 13. Jahrhunderts heraus. Albertus Magnus habe in einer der heutigen Situation vergleichbaren Zeit großer Umbrüche gelebt. Er stehe für eine Tradition, die die alten theologischen und philosophischen Erkenntnisse bereinigt und fortgeführt, aber zugleich in Verbindung mit der damals aufbrechenden Naturwissenschaft gebracht habe, so Sterzinsky. Der Theologe habe mit seinem Leben deutlich gemacht, daß sich auch in Umbruchszeiten Weisheit praktizieren läßt hinsichtlich einer Ausgewogenheit von Gebet und Arbeit, von individuellem Zurückziehen und gemeinsamem Tun, von Entschiedenheit und Offenheit, Beständigkeit und Flexibilität. Lebenspraktiken und -grundsätze, wie sie auch heute Not tun würden. "Albertus Magnus steht für gelebte Weisheit, selbst dann, wenn theoretisch längst nicht alles geklärt ist", so der Kardinal. Einen Unterschied zur heutigen Situation gebe es allerdings: Im 13. Jahrhundert bestand ein "unerschütterlicher Glaube an die Wirklichkeit Gottes"

Es muß gelingen, die große Tradition des christlichen Abendlandes im geeinten Europa lebendig werden zu lassen, so Sterzinsky. "Es wäre schön, wenn dann einmal gesagt würde, am Philosophisch-Theologischen Studium in Erfurt wurde dazu ein Beitrag geleistet", gab der Berliner Kardinal den Studenten und theologischen Lehrern auf den Weg. Eckhard Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 47 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 23.11.1997

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