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Aus der Region

Auf dem Ast unterm Baum gelegen

Zum Tod von Adolf Brockhoff

Zum Tod von Adolf Brockhoff erreichte uns der folgende Brief von Prof. Peter Stosiek aus Cottbus

Adolf Brockhoff, geboren 1919 in Gesecke, Westfalen, Abitur 1937 in Neuß am Rhein, 1938 Arbeitsdienst, 1939-45 Soldat, aus Russischer Gefangenschaft geflohen, Studium der Theologie in Münster, Paderborn und München, 1950-71 Vikar, Studentenpfarrer in der DDR, 1971 vom Amt suspendiert, dann arbeitslos, 1975 aufgefordert, die DDR zu verlassen, 1975-85 Lehrer an einem Oberstufengymnasium in der BRD, seit 1985 Rentner, Vater von drei Kindern, im Oktober 1997 gestorben

Die dürren Worte deuten nur an, was in diesem Leben alles steckt. Er hat ein Stück DDR-Kirchengeschichte mitgeschrieben, vermerkte es immerhin Kardinal Jäger in einem Brief an Franz-Peter Sonntag 1965. Als Chef des Sprachenkurses in Halle prägte er viele junge Theologen, als Studentenpfarrer viele junge Akademiker im Osten Deutschlands, als Religionslehrer viele Gymnasiasten im Westen. Prägen - das ist wörtlich zu nehmen: Mit Druck und Kraft ein Siegel hinterlassen, das unvergeßlich ist. Das Siegel des Glaubens als Existenz und der Kirche als Familie. Wenn heute noch ein paar tausend Männer und Frauen in Deutschland glauben und Kirche ernst nehmen und infektiös weitergeben, dann liegt das an der Primärinfektion Brockhoff

Immer hat er gebaut, Kirche, Häuser, Heimstätten, Visionen. Er hat aber auch an Mauern rütteln können, die dem Leben im Wege waren oder schienen. Das ist ihm nicht immer gut bekommen. Sie haben dir den Ast abgesägt, schrieb ihm ein Freund 1989. Sei es drum, antwortete er, nun liege ich auf dem Ast unter dem Baum und freue mich über den Baum, wie er treibt, wächst und blüht. Das ist es. Man muß sich nicht gleich abkehren, austreten , scheidenlassen. Es läßt sich leben in der Spannung, in der Differenz, in der Alternative, im Widerstand, im vorauseilenden Gehorsam. Man muß nur hoffen können. Das war seine Botschaft. Und keiner, der ihn kannte, wird sie vergessen

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 48 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 30.11.1997

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