Jedes Husten aus Rom wird mit Donnerschall verstärkt
Über 100 Gäste beim traditionellen Elisabeth-Empfang
Erfurt (ep) - Zu mehr Gelassenheit beim "kraftvollen, an den Sachaufgaben orientierten" Engagement für die Menschen hat Bischof Joachim Wanke die Verantwortlichen in Politik, Gesellschaft und Kirche ermutigt. "Ich registriere derzeit häufig eine falsche Aufgeregtheit, ja Gereiztheit, die das allgemeine Klima belastet und oftmals eine an der Sache orientierte, förderliche Auseinandersetzung verhindert", sagte der Bischof beim diesjährigen Elisabeth-Empfang vor mehr als 100 Repräsentanten aus Politik, Gesellschaft und Kirchen in der Erfurter Bildungsstätte St. Martin
Diesen "gesellschaftlichen Nörgelton" gebe es etwa auch in der katholischen Kirche. Wanke: "Da wird jedes Husten aus Rom mit Donnerschall in den Medien verstärkt, so daß es jedem katholischen Christenmenschen in den Ohren dröhnt. Und wir fallen innerkirchlich gleich darauf rein. Unnötige Kräfte werden gebunden und wirklich Wichtiges bleibt ungetan.
Ähnliche Aufgeregtheiten gebe es auch in der Ökumene, wenn aus "jeder Randbemerkung eines frustrierten Theologieprofessors zu Konsenspapieren ... sofort das Scheitern aller Einigungsbemühungen der Kirchen diagnostiziert" werde. Hier sei ein klarerer Blick für "die wirklich entscheidenden Maßstäbe" und das, "was aussichtsreich anzupacken und zu verändern ist", nötig
Sein "Unverständnis" äußerte der Bischof auch im Blick auf die "derzeitigen politischen Blockaden hinsichtlich der anstehenden Reformen in Wirtschaft und Gesellschaft". Der Sozialstaat "ist bald am Ende, wenn nicht die Parteien endlich energisch das Steuer gemeinsam anpacken und nicht jeder den anderen um angeblicher Prestigegewinnen blockiert", so Wanke. Aufgabe der Kirche sei es, zu versuchen, eine umfassende Perspektive ins Gespräch einzuführen und besonders auch für jene zu sprechen, die in den heutigen beschleunigten Modernisierungsprozessen schnell ins Abseits, auf die Schattenseite geraten. Wanke: "Tadeln sie nicht vorschnell jene, die auf solche Tatbestände aufmerksam machen! Der Caritasdirektor macht das sicher nicht aus Schadenfreude! Es geht uns gemeinsam um angemessene Hilfe für die jeweiligen Menschen.
Ausdrücklich lobte der Bischof zugleich den Einsatz der Unternehmer, der Selbständigen, der Manager, des Handwerks und derer, die in Forschung und Wissenschaft in Thüringen tätig sind. "Bei allem Streit um den gerechten Anteil aller am Volksvermögen muß gewürdigt werden, was unternehmerische Initiative trotz schwieriger Rahmenbedingungen im Freistaat Thüringen leistet", sagte Wanke
Zu Beginn des Empfangs am Tag der heiligen Elisabeth hatten Thüringens Kultusminister Dieter Althaus (CDU), Landtagsvizepräsident Peter Friedrich und der Erfurter Bürgermeister Peter Neigefindt als Vertreter von Land und Kommune Grußworte übermittelt. Minister Althaus, der in Vertretung von Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) sprach, räumte "große Aufgaben" etwa im Bereich der Situation der Thüringer Jugendlichen ein. Zugleich wies er jedoch daraufhin, daß beispielsweise hinsichtlich der Lehrstellenvermittlung in diesem Jahr in Thüringen einiges erreicht worden sei, was Grund zum Optimismus gebe. Landtagsvizepräsident Friedrich dankte Caritas und Diakonie für ihr gemessen an der Zahl der Christen in Thüringen "überproportionales Engagement". Bürgermeister Neigefindt würdigte das Engagement der ökumenischen Telefonseelsorge und der Katholischen Erziehungs-, Ehe-, Familien- und Lebensberatung in der Stadt
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 30.11.1997