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Bistum Dresden-Meißen

Eines der prägenden Gesichter der Kirche im Osten

Klaus Milde wird 70 Jahre alt

Der Erfurter Bischof Joachim Wanke hat es als ein Wesensmerkmal der Katholischen Kirche in der DDR bezeichnet, daß sie in "unverwechselbaren Gesichtern" zu erkennen gewesen sei. Zu den Persönlichkeiten, die der Diasporakirche zwischen Rügen und dem Vogtland über die Diözese Dresden-Meißen hinaus ein liebenswertes und wieder zu erkennendes Gesicht gaben, gehört sicher der Dresdner Klaus Milde

Wenn er am Nikolaustag im Kreis seiner Familie als Vater von vier Kindern und Großvater von sechzehn Enkeln - und dem ersten Urenkel - seinen siebzigsten Geburtstag feiert, dann sind ihm über den Kreis der Gratulanten hinaus viele Menschen mit Dank und guten Wünschen verbunden. Denn in einer überschaubaren Zeitspanne von fast fünfzig Jahren hat er sich in den verschiedensten kirchlichen Tätigkeiten oft genug als unentbehrlich erwiesen: man brauchte Klaus Milde mit seinem beneidenswerten Organisationstalent, mit seinem praktischen Sinn für das Machbare und Notwendige. Kirchliche Großveranstaltungen waren ohne ihn undenkbar, ob es sich nun um die Pastoralsynode der Jurisdiktionsbezirke in der DDR (1971 bis 1975) oder um das Katholikentreffen (1987) in Dresden handelte", sagt eine langjährige Mitarbeiterin von ihm. "Aber was wir an ihm besonders schätzen, das ist seine große Liebe zu den Menschen: er ist der hilfsbereiteste, der dankbarste und dabei der bescheidenste Mensch, den ich kenne.

Klaus Milde wurde am 6. Dezember 1927 in Oberschlesien geboren. Als er am 11. Februar 1945 - zwei Tage vor dem zerstörerischen Angriff - mit dem Lazarettzug Dresden passierte, konnte er noch nicht ahnen, daß er im Februar 1948 als 21jähriger aus der französischen Kriegsgefangenschaft für immer nach Dresden kommen und dort bleiben werde, weil es seine Eltern aus Schlesien dorthin verschlagen hatte

Zunächst half er als Kolonnenführer einer Frauenbrigade beim Enttrümmern, begann dann eine kaufmännische Lehre, ehe er eine kirchliche Ausbildung zum Fürsorger in Westberlin aufnahm. Ins Bistum Meißen zurückgekehrt, war er vom 1. April 1952 an als Referent in der Jugendseelsorge tätig. Milde war maßgeblich am Erwerb und Ausbau des "Winfridhauses" in Schmiedeberg als Jugendhaus und am Aufbau einer regelmäßigen Kurstätigkeit beteiligt. Als Kurier zwischen 0st und West beschaffte er bis 1961 Materialien und Geld für die Jugendarbeit und bemühte sich um den Aufbau der Partnerschaften zur Jugendseelsorge in den Bistümern Bamberg, Hildesheim und Köln

Die Referententätigkeit in der Männer- urd Familienseelsorge war ein weiterer Bereich, in dem er sich entfalten konnte. Wie oft habe ich nicht den Diözesanmännerseelsorger, Franziskanerpater Dionys Scholz, seufzen hören: "Ich könnte diese Arbeit nicht mehr machen, wenn ich den Klaus nicht hätte!

In den Jahren 1970 bis 1989 entwickelte Klaus Milde zwischen der Region Aachen/Köln und Dresden eine rege Partnerschaft der Familien - auch wenn die zahlreichen Reisen Einbahnstraßen in Richtung Osten blieben

Die Erwachsenenarbeit war der Bereich, in dem Klaus Milde vielen Menschen helfen konnte. Und das beschränkte sich nicht auf den Dienstbereich. Seine Familie trug es mit, daß an manchem Heilig Abend ein Fremder mit am Tisch saß, der gerade aus dem Straßvollzug entlassen war. Für alleinerziehende Mütter führte er mit seinem Auto Umzüge durch, ungezählten Übersiedlern nach Westdeutschland löste er die Wohnung auf und sandte ihnen per Post ihr Umzugsgut nach

Durch seine Initiative entstanden in Dresden- Zitschewitz zwei Ferienbungalows, in denen die Familien frohe Ferienwochen verleben konnten, die keine Möglichkeit hatten, über den FDGB (staatliche Gewerkschaft in der DDR) einen Ferienplatz zu bekommen. In seiner stillen und selbstlosen Art half er vielen Menschen, mit den Schwierigkeiten des Lebens in der DDR fertig zu werden und nicht mutlos zu werden. Weggehen war für ihn nie ein Thema, zu sehr lebte er die Prozesse des Unterwegsseins gerade auch nach der Wiedervereinigung. In Würdigung "seiner Bemühungen für eine bessere Ost-West- Verständigung" - wie es eine sächsische Tageszeitung formulierte - wurde Klaus Milde im Herbst letzten Jahres mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet

Seine deutsch-deutschen Erfahrungen und sein Organisationstalent empfahlen ihn als Organisator bei der Vorbereitung des 92. Deutschen Katholikentages in Dresden. Es spricht für sein Kirchenverständnis, daß er diese mühevolle und zeitraubende Tätigkeit zwei Jahre lang ehrenamtlich mit großer Sorgfalt durchführte, obwohl ihn seine Dienststelle im Bischöflichen Ordinariat unmittelbar in der Vorbereitungszeit anläßlich seines 65. Geburtstages bedenkenlos in die Rente verabschiedet hatte. Seitdem träumt Klaus Milde vom wirklichen Ruhestand, der sich bisher noch nicht einstellen wollte. Als Geschäftsführer des Diözesanrates (oberstes Laiengremium einer Diözese) steht er noch mitten im kirchlichen Geschehen. Auch sein Engagement beim Christlichen Hospizdienst Dresden könnte einen jungen Mann ausfüllen. Wenn er das alles noch schafft, dann dank seiner großen Selbstdisziplin

Viele Menschen kennen sein verschmitztes Lachen, weil sie Klaus Milde in dem Kabarett "Die Dekana(h)tlosen" erlebt haben. Seit der Gründung des Kabaretts durch Dieter Grande im Mai 1968 hat er das Programm mitgestaltet. Und trotz Humor und Satire hat er auch auf diesem Podium seine tiefe Liebe zur Kirche sichtbar gemacht

In den letzten Jahren hat er öfter davon gesprochen, daß er mit siebzig aus all diesen Tätigkeiten aussteigen werde. In letzter Zeit soll er diesen Termin nicht mehr erwähnt haben. Insider wissen auch warum: Im Juni nächsten Jahres findet der Katholikentag in Mainz statt. Und dort wird Klaus Milde gebraucht. Aloys Funke

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 49 des 47. Jahrgangs (im Jahr 1997).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 07.12.1997

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