Mit Genoveva an alte Zeiten erinnern
Verein katholischer Sorben wird 100
Wittichenau (fun) - Die sorbische Sprache und die Traditionen lebendig zu erhalten - so läßt sich das Hauptanliegen von Bratrowstwo (Bruderschaft) beschreiben. Der Verein katholischer Sorben der Wittichenauer Pfarrgemeinde feierte am 3. Dezember sein 100jähriges Bestehen
Der Verein - der heute 170 Mitglieder zählt - habe "für die Zukunft, in der sich die europäischen Völker in der Europäischen Union einigen, einen Modellcharakter für den Erhalt der reichen Kultur des kleinsten slawischen Volkes, der Sorben", heißt es in der Pressemitteilung anläßlich der Festveranstaltung
Zu dieser kamen rund 700 Gäste vor allem aus der Lausitz: "Eine große Zahl, die alle unsere Erwartungen übertraf", so der Vereinsvorsitzende Dr. Peter Bresan
Zu den Gratulanten gehörten unter anderen der Präsident des Sächsischen Landtages, Erich Iltgen (CDU), der Bürgermeister der Stadt Wittichenau, Udo Popella und der Generalvikar des Bistums Görlitz, Hubertus Zomack. Der Generalvikar, der selbst aus der Wittichenauer Gemeinde stammt, überbrachte die Grüße des Bischofs Rudolf Müller und überreichte einen sorbisch-katholischen Katechismus aus dem Jahre 1904
In der Festrede unterstrich Peter Bresan, Vorsitzender von Bratrowstwo, die Bedeutung der Bruderschaft: "Jedes Volk, jeder Mann braucht eine Quelle des geistigen Lebens - und das ist für die Mitglieder von Bratrowstwo die Pfarrkirche in Wittichenau." Das Glück gedeihe eben nur in einer glücklichen und gesunden Gemeinschaft
Leicht waren die zurückliegenden 100 Jahre für den Verein jedoch nicht: "1938 wurde Bratrowstwo von den Nationalsozialisten verboten, und erst am 15. Januar 1994 konnte die offizielle Vereinswiedergründung stattfinden", sagt Bresan. Im Zusammenhang mit der Vereinsgeschichte steht auch die letzte Veranstaltung im Rahmen der 100-Jahr-Feier: Am 10. Januar findet die Premiere des Theaterstückes "Genoveva" im Sollschwitzer Kulturhaus statt. "Die Aufführung dieses Theaterstückes - das in der Zeit der Kreuzzüge spielt - war die letzte offizielle Veranstaltung des Vereins 1938, bevor Bruderschaft als letzter Verein der Sorben verboten wurde", erzählt Peter Bresan.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 11.01.1998