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Bistum Magdeburg

Gerechtigkeit in der Wirtschaft

Neujahrsempfang evangelischer und katholischer Unternehmer

Magdeburg (cm) - "Gerechtigkeit im Spannungsfeld von Markt und sozialem Ausgleich - Ist die Kirche gefragt?" Unter diesem Motto stand der diesjährige Neujahrsempfang des Bundes Katholischer und des Arbeitskreises Evangelischer Unternehmer Sachsen-Anhalts am 21. Januar im Magdeburger Roncalli-Haus

Wie aktuell das Motto des Abends tatsächlich war, kam in den Referaten des katholischen Seelsorgeamtsleiters Willi Kraning und des Kirchenpräsidenten der evangelischen Landeskirche Anhalts, Helge Klassohn, zum Ausdruck

Im Blick auf das Verhältnis von sozialer Marktwirtschaft und der steigenden Zahl der Arbeitslosen stelle sich vielen die Frage, wie gerecht die soziale Marktwirtschaft eigentlich ist. Gerechtigkeit sei ein grundlegendes Prinzip der Gesellschaft, sagte Ordinaritasrat Willi Kraning. Die Aufgabe der Kirchen bestehe deshalb darin, den Begriff der Gerechtigkeit wieder "zum Leben zu erwecken". Soziale Gerechtigkeit heiße, so Kraning weiter, daß niemand in extremer Not von der Gesellschaft im Stich gelassen werde. Der Wert der Gesellschaft lasse sich daran messen, wie sie die Schwachen unterstütze

Eng mit dem Begriff der Gerechtigkeit verbunden seien die Prinzipien der Katholischen Soziallehre wie Solidarität, Subsidiarität und Nachhaltigkeit, die Kraning auch als "Baugesetze der Gesellschaft" bezeichnete

Das Prinzip der Solidarität sei wichtig für ein Leben in Würde. In welchem Maße es verwirklicht werde, gebe Aufschluß darüber, wie sozial und human ein wirtschaftlicher Markt sei. Untrennbar damit verbunden sei das Prinzip der Subsidiarität als Hilfe zur Selbsthilfe

Hierin und in der Verantwortung für kommende Generationen sieht Kraning den christlichen Ansatzpunkt für eine Reform des Sozialstaates. "Die Wirtschaft ist für den Menschen da, und nicht umgekehrt", war sein Resümee

Kirchenpräsident Helge Klassohn griff in seinem Referat Kranings Gedanken auf und führte sie weiter. Seiner Ansicht nach haben die christlichen Kirchen Wesentliches zum menschlichen Zusammenleben zu sagen

Der Dialog zwischen Wirtschaft und Kirche könne fruchtbar sein, wenn die Kirche nicht autoritär, sondern als "Anbieter ethischer Denkungen" auftrete. Im Thema Arbeit stecke das Thema Gerechtigkeit in besonderer Weise

Um die Probleme zu lösen bedarf es Klassohn zufolge den Mut zu unkonventionellen Schritten, neuen Ansätzen und regionalen Bündnissen. Schritte in diese Richtung könnten eine weitere Flexibilisierung der Tarifverträge und eine bessere Aufteilung der Arbeit sein

Die Zeit der "Abstinenz des kirchlichen Handelns im wirtschaftlichen Raum" sei vorüber, und die Kirche erwarte, daß sie am gesamt-gesellschaftlichen Lernprozeß beteiligt und in Anspruch genommen werde. "Von den Kirchen kann nicht nur Reaktion, sondern auch Aktion erwartet werden", faßte der Kirchenpräsident zusammen

Der Einladung zu dem Neujahrsempfang waren Vertreter des öffentlichen und politischen Lebens Magdeburgs sowie katholische und evangelische Geistliche gefolgt. Am Beginn der Veranstaltung stand ein ökumenischer Gottesdienst, der von dem katholischen Bischof Leo Nowak und dem Bischof der evangelischen Kirchenprovinz Sachsen, Axel Noack, gemeinsam gestaltet wurde

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 5 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 01.02.1998

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