Ein "Sprengsatz" voller Dynamik und Kraft
kfd-Studientag in Leinefelde
Leinefelde (ep) - Einen gleichberechtigten Zugang von Männern und Frauen zu den vielen Aufgaben in der Kirche hat die Generalsekretärin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), Annette Rieks, verlangt. "Frauen ist in der Kirche der Zugang zu vielen Aufgaben aufgrund ihres Geschlechts verwehrt. Wir müssen uns immer wieder mit diesem Problem auseinandersetzen und die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Kirche fordern", sagte Frau Rieks bei einem Studientag des Erfurter kfd-Diözesanverbandes in Leinefelde. Zu dem Treffen hatten sich am vergangenen Samstag gut 50 Frauen aus den kfd-Gruppen des Obereichsfeldes und aus Weimar versammelt. Für ihren zweiten Studientag, der im Gemeindehaus der Pfarrgemeinde St. Maria Magdalena stattfand, hatten sie sich das programmatische Thema "Frauen auf dem Weg ins dritte Jahrtausend" gewählt
Für einen geschichtlichen Rückblick sorgte die Referentin für Frauenseelsorge im Bistum Erfurt, Sabine Stephan. Sie stellte den Teilnehmerinnen die Situation der Frauen in Gesellschaft und Kirche im Laufe der Jahrhunderte vor Augen. Jesus habe ein für sein gesellschaftliches Umfeld ausgesprochen positives Verhältnis zu den Frauen gehabt und dabei manche Konventionen übertreten, was ihm offensichtlich besonders unter Frauen eine große Anhängerschaft einbrachte. So hätten Frauen in den ersten christlichen Gemeinden eine wichtige Rolle innegehabt. Seine an Frauen und Männer völlig gleichberechtigt gerichtete Botschaft werde etwa auch bei Paulus deutlich, wenn dieser im Brief an die Galater 3,28 schreibt: "Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau; denn ihr alle seid eins in Christus." "Dieser Sprengsatz des Evangeliums, der im Laufe der Jahrhunderte immer wieder vergessen und verdrängt wurde, hat bis heute nichts an Dynamik und Kraft verloren", so Frau Stephan
kfd-Generalsekretärin Annette Rieks, die erst Mitte vergangenen Jahres in ihr Amt gewählt wurde, war nach Leinefelde gekommen, um "mit großen Ohren" als "West-Frau" viel vom Leben der Frauen in den ostdeutschen Diözesen und Ländern zu hören, wie sie ausdrücklich betonte. In ihrem Statement beklagte Frau Rieks neben der Nichtzulassung von Frauen zu verschiedenen kirchlichen Aufgaben auch, daß manche Aussagen der Heiligen Schrift für Frauen diskriminierend seien, wenn sie nicht entsprechend gedeutet würden: "Viele unserer wichtigen biblischen Texte", so Frau Rieks, "können Frauen nur mit einer Vermittlungshilfe lesen, ohne verletzt zu werden." Doch es gebe gute Gründe, in der Kirche zu bleiben, so Frau Rieks. Der Glaube gebe dazu Kraft
Am Nachmittag kamen die Frauen in drei Arbeitsgruppen zusammen: "Die kfd auf dem Weg ins dritte Jahrtausend", "Zur sozialen Sicherheit von Frauen" und "Hoffnung, die uns erfüllt. Christsein im dritten Jahrtausend" hießen die Themen. Durchgehender Tenor der Gespräche war die Sorge um die soziale Sicherheit: "Zusammenhalt der Familie gegen vielfältige Gefährdungen", "Möglichkeiten, sich als Frau auch beruflich entfalten und Familie und Beruf in Einklang bringen zu können" und die "finanzielle Absicherung im Alter" waren wichtige Stichworte. Ein weiteres zentrales Anliegen der Frauen: Wie kann es gelingen, unsere Kinder in der Kirche zu beheimaten und das, was uns im Glauben an Werten im Leben wichtig geworden ist, an sie weiterzugeben
Die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Eichsfeld, Rosemarie Hupkau, informierte in ihrer Arbeitsgruppe über die vielfältigen gesetzlichen Bestimmungen zur Unterstützung der Frauen. Schwester Reinhilde Glöckner, Gemeindereferentin in Küllstedt und zugleich Frauenseelsorgerin im Eichsfeld, ermutigte die Frauen ihrer Arbeitsgruppe, aus der christlichen Hoffnung heraus den Weg in das dritte Jahrtausend zu wagen und Zuversicht auszustrahlen.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 08.02.1998