Vom Direktor zum Vorstandvorsitzenden
Leitungswechsel beim Caritasverband Magdeburg
Frage: Sie wechseln vom Caritasdirektor zum -vorstandsvorsitzenden zu einer Zeit, wo die Struktur des Diözesanverbandes einigermaßen vollendet, gleichzeitig aber auch durch fehlende Haushaltsmittel bedroht ist. Bietet Ihre neue Funktion die Möglichkeit, sich aus den neuen Schwierigkeiten herauszuziehen oder haben Sie künftig auf andere Weise damit zu tun
Brozek: Ich möchte ausdrücklich sagen, daß weder Geldprobleme noch die stabilisierten Strukturen Grund für den Amtswechsel sind. Schon seit vier Jahren bereiten wir uns darauf vor, denn mir scheint, daß nach zehn Jahren im Amt ein sinnvoller Zeitpunkt für einen Wechsel ist. Als Vorstandsvorsitzender möchte ich stärker die pastorale Seite der Caritasarbeit in den Blick nehmen. Es ist von jeher mein großes Anliegen, daß durch die Arbeit der Caritas etwas von der frohen Botschaft des Christentums durchscheint. Ich hoffe auch, intensivere Kontakte mit den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern pflegen zu können. Als Caritasdirektor war das schwieriger, weil ich da auch für Personalfragen zuständig war.
Frage: Wo im Diözesanverband wird der Rotstift angesetzt
Brozek: In diesem Haushaltsjahr werden wir im Bereich der Diözesanverwaltung niemanden wegen fehlenden Geldes entlassen. Wir müssen aber auf einige Pläne verzichten. Zum Beispiel schwebte uns vor, für jeden Regional- oder Stadtverband ein eigenes Caritas-Haus zu bauen. Vielleicht können wir das noch in Halle realisieren, in Dessau oder Magdeburg aber sicherlich nicht.
Frage: Ihr neues Amt wurde bisher von Generalvikar Stolpe nebenbei wahrgenommen. Warum schafft die Caritas angesichts knapper Kassen noch einen zusätzlichen hauptamtlichen Führungsposten
Brozek: Man muß die Geschichte sehen. Wir baten den Generalvikar bei der Vereinsgründung 1990, den Vorsitz zu übernehmen, um eine Querverbindung mit den Finanzen des Bistums zu schaffen und zu gewährleisten, daß die Caritas bei finanziellen Belangen nicht außen vor bleibt. Das war gut so und geschah nicht "nebenbei", allerdings oft nur in finanzieller Hinsicht. Die vielfältigen anderen Aufgaben eines Vorsitzenden, etwa die politische Vertretung des Verbandes und die geistliche Führung, konnte er aus Zeitgründen kaum wahrnehmen und wünschte sich deshalb, den Vorsitz abzugeben. Die anderen ostdeutschen Diözesan-Caritasverbände haben sich sehr erfreut geäußert, daß wir als erste diesen Schritt gehen. Es gibt keine zusätzliche hauptamtliche Stelle, sondern nur eine Verlagerung der Aufgaben unter den vorhandenen Personalstellen.
Frage: Wie schätzen Sie die Entwicklung des Caritasverbandes in den vergangenen zehn Jahren ein
Brozek: Der Verband hat eine Reihe sehr bedeutender Entwicklungen vollzogen. Zum Beispiel war es sehr wichtig, in die unterschiedlichen Beratungsdienste hineinzukommen. Ich weise auch auf die 13 neugegründeten Sozialstationen hin, auf die Caritas-Trägergesellschaft St. Mauritius, die Arbeit für geistig und mehrfach Behinderte, den Erhalt der Krankenhäuser in Wittenberg und Dessau und unser Verwaltungsgebäude in Magdeburg. Interview: D. Wanzek
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 08.02.1998