16 Monate im Dienst der sächsischen Diaspora
Geschichte
"Die der Glaube vereint, wird auch der Glaube bewahren"- so lautete der Wahlspruch von Bischof Conrad Gröber, einem Mann, der in den 30er und 40er Jahren zu den Führungs-persönlichkeiten des deutschen Katholizismus gehörte. Gröber wirkte 16 Jahre als Erzbischof von Freiburg im Breisgau - und zuvor 16 Monate als Bischof von Meißen
Der namhafte Theologe stammte aus einer Kleinstadt im Schwarzwald. Am 1. April 1872 wurde er als Sohn eines Schreinermeisters im badischen Meßkirch geboren. Schon in jungen Jahren interessierte er sich für religiöse Fragen, so setzte er sich unter anderem mit den Lehren der Altkatholiken auseinander. Nach dem Abitur nahm er zunächst in Freiburg ein Studium der Philosophie und Theologie auf und ging dann 1893 an das "Collegium Germanicum" nach Rom. Dort erwarb er 1898 den Titel "Dr. theol.", nachdem er bereits im Jahr zuvor zum Priester geweiht worden war
Conrad Gröber begann seine geistliche Laufbahn 1898 als Kaplan in Ettenheim, doch schon im Jahr darauf wurde er nach Karlsruhe versetzt. 1901 wechselte er nach Konstanz am Bodensee, das in den folgenden 24 Jahren seine Wirkungsstätte bleiben sollte. Zunächst war er hier vier Jahre als Rektor des Knabenkonviktes tätig, dann übernahm er die Stadtpfarrei "Heilige Dreifaltigkeit" und schließlich 1922 die Münsterpfarrei
1925 wurde Gröber als Kanonikus in das Freiburger Domkapitel berufen. Zu dieser Zeit war er bereits bekannt geworden als Verfasser von Schriften zu kirchen- und kunstgeschichtlichen Themen; dazu gehörten die Studien "Das Konstanzer Münster" (1914) und "Reichenauer Kunst" (1922) sowie die theologischen Werke "Die Mutter" (1922) und "Christus lebte" (1923)
Papst Pius XI. (1857/1922 - 1939) ernannte den tatkräftigen Domherrn am 13. Januar 1931 zum Oberhirten des 1921 wiedererrichteten Bistums Meißen. Am 1. Februar wurde er von Erzbischof Karl Friedrich Fritz (1864 - 1931) im Münster zu Freiburg zum Bischof geweiht
Gröber übernahm das Bistum Meißen von seinem früheren Studienkollegen Christian Schreiber (1872 - 1933), der bereits im August 1930 zum Bischof von Berlin berufen worden war. Das Bistum, das Sachsen und Ostthüringen umfaßte, war damals die ärmste katholische Diözese in Deutschland. In dem weiträumigen Gebiet zwischen Zeulenroda und Zittau lebten nur 180 000 Katholiken, das waren 3,3 Prozent der 5,5 Millionen Einwohner
Am 13. Februar 1931 traf der neue Oberhirte in seiner Diözese ein. Er reiste über Leipzig und Dresden in die Domstadt Bautzen. Hier wurde er im Bildersaal des Domstifts von Vertretern des Klerus und der Ordensleute sowie von Abordnungen der katholischen Vereine begrüßt. In einer Sitzung des Domkapitels ergriff er am nächsten Tag gemäß dem Kirchenrecht von seiner Diözese Besitz. Am 15. Februar erfolgte dann die feierliche Inthronisation in der Kathedrale
In den nächsten Monaten bereiste der Bischof alle Teile seiner großen Diözese, um die Kirchgemeinden kennenzulernen. Zuerst besuchte er das sorbische Siedlungsgebiet um das Kloster St. Marienstern, dann die Stadt Kamenz und das Kloster St. Marienthal. Daran schlossen sich Firmungsreisen an, die ihn nach Meißen und Pirna führten sowie in die Pfarreien des Erzgebirges und der Südlausitz
In Dresden sprach der Oberhirte am 29. März 1931 vor 3 000 Katholiken zum Thema "Die Kirche und wir". Einen Monat darauf, am 1. Mai, kamen die Leipziger Katholiken zu einer ähnlichen Veranstaltung zusammen. Und noch eine dritte große Glaubenskundgebung wurde abgehalten: in Ostritz bei Zittau. Hier sprach nicht nur der Bischof, sondern auch der als Priester wirkende letzte sächsische Kronprinz, der Pater Georg von Sachsen (1893-1943)
Am 2. Februar 1932 weihte Conrad Gröber das erweiterte Gebäude des "St.-Joseph-Stifts" in der Dresdner Wintergartenstraße ein. Das modern ausgestattete Krankenhaus bot jetzt l00 Patienten Platz. Auf weitaus mehr Interesse als diese Einweihung stieß aber eine andere Amtshandlung, die der Bischof genau drei Wochen später vollzog: In der überfüllten Hofkirche zelebrierte er das Requiem für den letzten sächsischen König Friedrich August III. (1865 -1932), der am 18. Februar im Schloß Sibyllenort gestorben war
Im Krisenwinter 1931/32 setzte sich Gröber besonders dafür ein, daß Suppenküchen und Wärmestuben für Erwerbslose eingerichtet wurden. Den zahlreichen Mitstreitern bei der Winterhilfe dankte er in einer Rundfunkansprache am Ostermontag 1932. Diese Rede wurde von allen deutschen Sendern ausgestrahlt. Am 29. Mai 1932 ordnete der Bischof in einem Hirtenbrief - gemäß einer päpstlichen Enzyklika - die Einführung des Herz-Jesu-Festes im Bistum Meißen an. Zu diesem Zeitpunkt wußte er bereits, daß er Sachsen schon bald verlassen würde. Der Heilige Vater hatte ihn am 21. Mai zum Nachfolger des verstorbenen Freiburger Erzbischofs Fritz berufen. In Freiburg begrüßten am 19. Juni 15 000 Gläubige ihren neuen Bischof. Am folgenden Tag wurde Conrad Gröber inthronisiert und übernahm die Leitung der badischen Erzdiözese sowie die Aufsicht über die Oberrheinische Kirchenprovinz. Das Bistum Meißen verwaltete er noch bis zum Herbst 1932 als Apostolischer Administrator
Von Mai 1933 an war Gröber als Vertreter des deutschen Episkopats an den Konkordatsverhandlungen zwischen dem Vatikan und dem Deutschen Reich beteiligt. Lange Zeit glaubte er, daß es eine Kooperation zwischen der katholischen Kirche und dem nationalsozialistischen Staat geben könnte. Ab 1935 löste er sich jedoch von solchen Illusionen und wandelte sich zu einem Gegner des Regimes. Aufgrund dieser Tatsache war er nach Kriegsende eine anerkannte Autorität für die französischen Besatzer in Baden
Das Leben von Conrad Gröber vollendete sich am 14. Februar 1948. Seine letzte Ruhestätte fand er in der Grafen-Kapelle des Freiburger Münsters
Peter Bien
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 15.02.1998