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Aus der Region

Pfarrer Denzel verbindet damit ein Stück Lebensgeschichte

Briefmarken

Calbe - Ein älterer Briefmarkensammler in seiner früheren Vikarsstelle Bernburg hat Pfarrer Robert Denzel tief beeindruckt: Der Mann hatte sein Leben lang passioniert Deutschland-Briefmarken gesammelt. Als seine Augen schwächer wurden, bat er Robert Denzel, seine Sammlung zugunsten von Not in der Welt"; zu vermarkten: 13 000 Mark kamen für den guten Zweck zusammen

Was es für den Mann bedeutet hat, sich von seinen Briefmarken zu trennen, könne wohl nur ein Sammler verstehen, glaubt der Pfarrer von Calbe. Er sammelt seit dem 13. Lebensjahr ernsthaft Briefmarken. Seine ganze Lebensgeschichte ist für ihn eng mit den Marken verbunden. Wenn sein Blick zum Beispiel auf die Ersttagsausgabe der Karl-Liebknecht-Briefmarke aus dem Jahr 1959 fällt, weiß er sofort: Sie kam an dem Tag heraus, als seine Mutter starb.

Denzels Sammlung beginnt mit Theodor-Heuss-Marken. Immer derselbe Kopf, aber unterschiedliche Formate, Farben und Werte - das hatte ihn damals fasziniert. Schon bald begannen ihn auch Briefmarken des Vatikans zu interessieren, später auch die aus dem alten Kirchenstaat. Ein Argument, sich auf dieses Sammelgebiet zu spezialisieren, war seine Überschaubarkeit. Die Kirchenstaat-Marken besitzt er lückenlos, allerdings nicht alle auf Brief";. Darüber hinaus hat er vollständig die Flugpost des Vatikans, Ersttagsbriefe und Aerogramme mit eingedruckter Marke.

Marken aus der Bundesrepublik waren zu DDR-Zeiten nicht ohne Hindernisse zu beschaffen, Marken aus Kirchenstaat und Vatikan erst recht nicht. Verwandte und Bekannte aus der Bundesrepublik halfen Pfarrer Denzel, einiges bekam er auf Auktionen in Berlin, Thüringen und Leipzig. Irgendwann konnte er dort selbst erste Sammelobjekte verkaufen, die er entbehren konnte. Aus philatelistischer (briefmarkenkundlicher) Sicht ist vor allem der Kirchenstaat interessant: Briefmarken wurden in der klassischen Epoche der Postwertzeichen noch auf hochwertigem Papier gedruckt, sie enthielten Wasserzeichen, die Zahnung variierte. Einige Marken seiner Sammlung hat er bereits von anerkannten Prüfern vom Bund der Philatelisten auf Echtheit prüfen lassen. Die Prüfer brauchen nicht nur sensibles technisches Prüfgerät, sondern auch eine Reihe von Fälschungen und echten Sammelobjekten als Vergleichsmaterial. Insbesondere, wenn er eine Marke bei einer Auktion verkaufen will, rechnet Robert Denzel sich ohne Echtheitszertifikat kaum eine Verkaufschance aus. Bei jüngeren Marken sei für Phi-latelisten im wesentlichen nur noch die Makulatur"; interessant: Fehldrucke, Marken mit falscher Zahnung, durchgeschnittene Marken, die ausgegeben wurden, nachdem die halben Werte ausgegangen waren, und Kuriositäten wie ein provisorischer Satz von Vatikanmarken mit überdrucktem Porto aus dem Jahr 1934 haben Seltenheitswert.

Von den meisten Menschen werde der materielle Wert von Briefmarken maßlos überschätzt. So sei es in der Regel gar nicht leicht, Käufer zu finden. Katalogpreise seien lediglich als Tauschwertrelation zu verstehen, keineswegs aber als verbindlicher Kaufpreis.

Nichtsdestotrotz hält der Geistliche auch als Sammler ab und zu eine innere Umkehr für nötig: Wie sammele ich eigentlich noch? Schaue ich zu sehr auf den materiellen Wert?"; fragt er sich in regelmäßigen Abständen. Freude macht ihm selbst das Sammeln eigentlich nur, wenn er darauf achtet, was die Briefmarken zu erzählen haben";. Viele Hintergrundinformationen entnimmt er den philatelistischen Fachkatalogen, die jährlich erscheinen, für Vatikan- und Kirchenstaatsmarken insbesondere dem italienischen Katalog Sassone";.

Briefmarken seien immer ein Spiegel ihres Ausgabelandes, sagt Pfarrer Denzel. Bei den Vatikan-Marken dominierten zwar religiöse Motive, sehr verbreitet seien aber auch Anlässe der UNO und ihrer Unterorganisationen, denen der Vatikan angehört, wie zum Beispiel Weltausstellungen, das Internationale Jahr der Behinderten oder des Friedens. Traditionsgemäß kommen unmittelbar nach dem Tode eines Papstes sogenannte Sede-vacante-Briefmarken"; heraus, die immer einen Schirm und gekreuzte Schlüssel zeigen und die nur für die wenigen Tage der Vakanz gelten. Noch jünger ist die Tradition der Reise-Serien mit Motiven sämtlicher Länder, die der Papst im Vorjahr bereist hat. Gemeinschaftsausgaben mit anderen Ländern hat der Vatikan zum 100. Jubiläum des Radios oder im vorigen Jahr zum 1000. Todestag des heiligen Adalbert herausgegeben. Robert Denzel nährt sein Vatikan-Interesse nicht nur aus Briefmarkenkatalogen. Seit der Wende steht für ihn alle zwei Jahre eine Romreise auf dem Programm. Ein Besuch bei der Vatikanpost darf dabei nie fehlen. Dorothee Wanzek

Um den Vatikan und christliche Motive geht es bei einem Treffen für Briefmarkenfreunde, zu dem die Kolpingfamilie Zörbig am 7. März ab 14 Uhr in die St.-Antonius-Gemeinde einlädt. Zu besichtigen ist die Sammlung von Leyendeckers Vatikanmarken. Pfarrer Denzel spricht über die Vatikan-Geschichte anhand von Briefmarken. Anmeldung: Pfarramt Zörbig, Telefon 034956 / 20359

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 8 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 22.02.1998

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