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Bistum Erfurt

Mit Leib und Seele die Welt entdecken

Kindergarten Hildebrandshausen

Hildebrandshausen (ep) - "Schön ist der Morgen, wir sind wieder da, schön ist der Morgen, Gott sei uns nah", singen die Mädchen und Jungen. Wie jeden Werktag haben sich die drei- bis sechsjährigen auch heute hier im St.-Katharina-Kindergarten in Hildebrandshausen versammelt, um im Morgenkreis etwas über die Schöpfung, das Leben und von Gott zu erfahren und gemeinsam zu beten und zu singen. In den Morgenkreisen dieser Woche geht es in besonderer Weise darum, daß Jesus alle Kinder liebt und keines vergißt

In den letzten drei Tagen ist das Schaubild auf dem Fußboden in der Mitte des Kreises entstanden: "Ihr habt aus verschiedenfarbigen Nylontüchern eine Erdkugel gelegt mit Meeren, Ländern, einem Regenbogen ...", erinnert Kindertagesstättenleiterin Brigitta Röhrig ihre Schützlinge. "Wir haben gespielt, was auf der Erde so alles los ist. Jedes Kind hat mit einem farbigen Tuch sein Haus in unser Bodenbild gelegt. Schließlich habt ihr für euer Haus ein Bild von euch selbst gemalt." Die Kinder hören gut zu und sind gespannt, was für eine Geschichte sie heute hören werden

"Uns ist es wichtig, daß die Mädchen und Jungen mit möglichst allen Sinnen an das jeweilige Thema herangeführt werden", erläutert Brigitta Röhrig das pädagogische Grundkonzept. "Die Kinder sollen mit ihrem ganzen Menschsein - mit Leib und Seele - mit der Welt vertraut gemacht werden, also durch Sehen und Hören, Tasten und Riechen, Sprechen, Singen und Spielen, Gesten und Haltungen... Dabei geht es darum, von Oberflächlichkeiten weg nach den Tiefendimenisonen des Lebens und so auch nach Gott Ausschau zu halten."

Im heutigen Morgenkreis wird zunächst symbolisch für Jesus die Osterkerze angezündet. Lukas, eines der Kinder, geht mit der brennenen Kerze herum und zeigt sie jedem Kind aus der Nähe. Dann wird die Kerze in die Mitte gestellt. Brigitta Röhrig erzählt den Kindern davon, daß eines Abends Mütter mit ihren Kindern zu Jesus wollen. Seine Begleiter aber weisen die Frauen mit der Begründung ab, Jesus sei müde. Als Jesus dies mitbekommt, fordert er seine Jünger auf, die Frauen mit den Kindern zu ihm zu lassen: "Laßt die Kinder zu mir kommen, denn für Menschen wie sie gibt es das Himmelreich." Als sie bei ihm sind, nimmt er jedes Kind in den Arm, legt ihm die Hände auf und segnet es, erzählt Frau Röhrig. "Nun könnt ihr einmal eurem Nachbarkind die Hände auf den Kopf legen, wie es Jesus gemacht hat", fordert die Erzieherin die Mädchen und Jungen auf, und beginnt selbst bei dem Kind neben sich

"Solches Mittun ist eine gute Möglichkeit für die Kinder, gerade Gehörtes besser zu verinnerlichen", sagt Erzieherin Teresa Döring, die gemeinsam mit Frau Röhrig für die Kinder Verantwortung trägt. "Wir gehen in den Schritten Hören, Sehen, Erleben vor. Jeweils eine Woche lang erarbeitet eine von uns mit den Kindern das Wochenthema, das sich aus den Zeiten des Kirchenjahres ergibt: Wir hören Geschichten und sprechen darüber, wir gestalten vor allem mit Naturmaterialien das Schaubild, wir singen und spielen."

Während die Mädchen und Jungen ausprobieren, wie das so ist mit dem Hände-Auflegen, singt Frau Döring ein Segenslied zur Gitarre. Zum Schluß legen die Kinder nacheinander ihre am Vortag entstandenen Selbstporträts nahe an die Osterkerze heran, was deutlich machen soll: Jesus liebt jedes Kind und vergißt keines! Nun haben die Kinder Gelegenheit, das eben Erfahrene in vertiefenden Beschäftigungen nachklingen zu lassen. Heute "schmücken" sie mit Legematerialien ihre "Häuser"

Jeder Morgenkreis dauert in der Regel zwischen 20 und 30 Minuten. "Die Themen orientieren sich an den Festen und Zeiten des Kirchenjahres", sagt Teresa Döring. "Die Eltern sind eingeladen, an den Morgenkreisen teilzunehmen, was leider wenig wahrgenommen wird."

"Wir arbeiten nach den Arbeitshilfen des Religionspädagogen Franz Kett", berichtet Brigitta Röhrig. Er und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betonen, daß ganzheitliches Tun helfende und heilende Wirkung sowohl für die Kinder und als auch ihre Erzieher. Dabei gilt es, aus den Erfahrungen und tiefen Weisheiten der Märchen, Legenden und biblischen Geschichten zu schöpfen und sie fruchtbar werden zu lassen. Frau Röhrig: "Ich rate jeder Erzieherin, sich mit diesem pädagogischen Ansatz auseinanderzusetzen."

"Religiöse Erziehung passiert nicht nur im Morgenkreis", sagt Brigitta Röhrig. "Sie geschieht einfach im Miteinanderleben durch Gutsein zu einander, durch ein möglichst christliches Vorbild der Erzieherinnen oder in dem die Kinder bei Streit dazu angehalten werden, sich wieder zu verzeihen. Wir bemühen uns, ein Kind wie das andere gleichermaßen zu akzeptieren und lieb zu haben, wie ja jedes Kind auch von Gott gliebt ist." Religiöse Erziehung im Kindergarten geschieht aber zum Beispiel auch beim Spazierengehen. Frau Frau Röhrig. "Kinder sind zum Beispiel schnell dabei, kleine Tiere wie zum Beispiel Käfer zu töten. Wir machen ihnen klar, daß auch diese Tiere Geschöpfe Gottes sind und deshalb leben dürfen."

Einmal in der Woche arbeiten die angehenden Schulanfänger unter den Kindern spielerisch in der Vorschule. Bestimmte Themen werden nach Altersgruppen angeboten, während sonst alle Kinder von zweieinhalb bis sechs Jahren gemeinsam in der recht familiären Atmosphäre des Kindergartens leben

Die Kindertagesstätte der katholischen Pfarrgemeinde Hildebrandshausen besteht seit 1945 und konnte trotz vielfältiger Schwierigkeiten und Repressalien in der Sowjetischen Besatzungszone und der DDR 1995 ihr 50jähriges Bestehen feiern. Beispielsweise wurde nach einer entsprechenden Anweisung von DDR-Bildungsministerin Margot Honecker, wonach jeder Ort einen staatlichen Kindergarten haben müsse, noch 1988 in dem kleinen Hildebrandshausen ein zweite Einrichtung eröffnet, die allerdings nur zwei Kinder hatte, wie sich Frau Röhrig erinnert. Bis 1967 waren im katholischen Kindergarten Katharinenschwestern tätig, die 1945 aus Ostpreußen gekommen waren. Seit 1967 wird der Kindergarten von katholischen Laien geleitet, die eine kirchliche Ausbildung zur Erzieherin absolviert haben. Während zu DDR-Zeiten 30 und mehr Kindern kamen, besuchen derzeit nur 15 Mädchen und Jugen den Kindergarten

Am 12. März bietet die Kindertagesstätte St. Katharina von 8.00 bis 16.30 Uhr einen Tag der Offenen Tür an, zu dem vor allem

Familien der Region herzlich eingeladen sind. Adresse: Kindertagesstätte St. Katharina, Am Rasen 9, 99976 Hildebrandshausen,

Tel. 03 60 27 / 7 04 12

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 9 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 01.03.1998

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