Ganzheitlich Fasten mit der heiligen Hildegard
Fastenzeit
Das Fasten ist "im Kommen". Sogar die Schulmedizin schenkt dieser wohl ältesten Methode der Reinigung und Heilung Beachtung. Beim Fasten stellt sich der Stoffwechsel um (von Kohlehydrat- auf Eiweißstoffwechsel). Der Darm wird gereinigt. Salz- und Schadstoffdepots werden ausgeschwemmt (reichlich trinken!). Bei einem guten Wechsel von Ruhe und Bewegung baut der Körper kein Muskelgewebe ab sondern nur unbrauchbares (Fett). In Fastenkliniken kann man Krankheiten heilen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Rheuma, Hautekzeme und Allergien
Doch ist das Fasten in erster Linie eine Empfehlung für Gesunde. Man fühlt sich wie neugeboren nach so einer "Kur". Das Denken sowie die Sinnes- und Gefühlswahrnehmungen sind viel klarer. Gefahren erwachsen nicht so sehr aus dem Nahrungsverzicht. Die meisten Menschen haben gute Reserven
Vielmehr gefährdet den Fastenden eine einseitige Wahl der Motive. Wer ausschließlich nur ein paar "überflüssige" Pfunde loswerden will, schadet sich im Grunde genommen ebenso wie die verrückten Eiferer im Mittelalter, die durch das Fasten bloß "frömmer" werden wollten
Das Fasten kann nur gelingen, wenn man "ganzheitlich" fastet. Wer seinen eigenen Körper "liebt" und ebenso das Geistig-Seelische fördert, der fastet richtig. Menschlich gesprochen: Nur wenn das Fasten dazu verhilft, liebenswürdiger und liebevoller zu werden, dann ist es ein "Königsweg". Anleitung zu solchem Fasten kann man sicher aus vielen Quellen beziehen. Anläßlich des Jubiläums der heiligen Hildegard von Bingen (900. Geburtstag) möchte ich in vier Beiträgen dem nachgehen, was sie unter "ganzheitlichem" Fasten versteht
Die heilige Hildegard fasziniert uns heute vor allem mit ihrer umfassenden Weltsicht. Da gibt es nichts, was für sich steht, "alles antwortet einander". In dieses "Gesamt" von Schöpfung und Erlösung müssen wir auch das Fasten einordnen. Manche praktische Anregung, sporadisch da und dort verteilt, wo sie das Wort "Fasten" ganz ausdrücklich nennt, versteht man erst auf diesem Hintergrund. "Fasten nach der heiligen Hildegard" meint also nicht in erster Linie ein bestimmtes Fastenprogramm oder eine bestimmte Fastentechnik. Vielmehr bedeutet es, das "große Ganze" zu entdecken und daraus die richtige Orientierung für das eigene Leben zu finden
"Pflege das Leben bis zum Äußersten." Diesen Satz aus der Feder der Heiligen muß man an die erste Stelle setzen. Hildegard teilt nicht die leibfeindliche Sicht mancher ihrer "unerleuchteten" Zeitgenossen. Im Gegenteil, nach Köln bricht die über 60jährige auf, um dort unter anderem auch gegen die Weltverachtung der Katharer zu predigen. Fasten ist für sie also eine "Pflegemaßnahme" des Lebens! Zu diesem "Leben" gehören "Leib und Seele", das "Himmlische" wie das "Irdische". Der Mensch soll sowohl den Notwendigkeiten des Leibes dienen, als auch der Sehnsucht nach dem "Himmlischen" nachgehen können. Diesem Miteinander von "Leib und Seele", wie es Hildegard schildert, wollen wir im nächsten Beitrag noch etwas nachgehen
Mögen unsere "Fasten- Übungen" im Sinne Hildegards "Pflegemaßnahmen" zum Leben sein
Pfarrer Franz Scharfenberg
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 08.03.1998