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Bistum Erfurt

Ein hohes Gut

Feiertage

Der Leiter des Katholischen Büros Erfurt, Ordinariatsrat Winfried Weinrich, hat kürzlich die zunehmende Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes in Deutschland beklagt. Der Tag des Herrn sprach mit dem Leiter des Kommissariats der Bischöfe in Thüringen:

Frage: Sie haben kürzlich den Erhalt der Sonn- und Feiertagskultur in unserer Gesellschaft angemahnt. Was ist ihnen dabei besonders wichtig?

Weinrich: Sonn- und Feiertage sind als gemeinsame Zeit von Familie, mit Freunden oder Nachbarn ein unersetzliches Gut unserer Sozialkultur. Dabei sind Sonn- und Feiertage mehr als die für den Einzelnen verfügbare individuelle Freizeit: Sie sind über ihre religiöse Bedeutung hinaus ein unentbehrlicher Teil unserer Kultur. Leider werden dem Sonn- und Feiertagsschutz mehr und mehr ökonomische Interessen vorgeordnet

Frage: Sie meinen im Bereich der Öffnungszeiten?

Weinrich: Ein schleichendes Schwinden des Sonn- und Feiertagsschutzes ist auf verschiedensten Ebenen zu beobachten: Besonders offensichtlich sind sicher die erweiterten Ladenöffnungszeiten. Entwürfe für Rechtsverordnungen beispielsweise in einigen Landkreisen Thüringens sehen in Kur-, Erholungs-, Ausflugs- und Wallfahrtsorten auch Öffnungszeiten während der Hauptgottesdienstzeiten und an stillen Feiertagen wie etwa dem Karfreitag vor. Dies ist der Fall, obwohl auf Bundes- und Landesebene eindeutige Regelungen dazu bestehen. Sowohl im Grundgesetz, in den Landesverfassungen beziehungsweise in den Feiertagsgesetzen der Länder als auch in den Verträgen zwischen Staat und Kirche wird der Schutz der Sonn- und Feiertage garantiert

Frage: Und diese Garantien werden zunehmend einfach ignoriert..

Weinrich: So ist es. Beispielsweise wird die Zulassung von Beschäftigung von Arbeitnehmern über das Notwendige hinaus immer mehr ausgedehnt. Dies geschieht zum Beispiel, wenn bei Immobilienausstellungen am Wochenende nicht nur beraten, sondern auch verkauft wird. Oder wenn Telekommunikationsfirmen an Wochenenden den Einsatz ihrer auftragsbearbeitenden Mitarbeiter über Notdienste hinaus ausweiten. Bedenklich sind etwa auch Bestrebungen, auf gesetzlicher Ebene weitere Ausnahmetatbestände für das allgemeine Arbeitsverbot zu schaffen, wenn diese Tatbestände an Sonn- und Feiertagen zum Beispiel auf Messen ausgedehnt werden. Hier wird über künstlich begründete Traditionen das allgemeine Arbeitsverbot an Sonn- und Feiertagen unterlaufen

Frage: Was erwarten sie von Seiten des Gesetzgebers in Thüringen?

Weinrich: Ich hoffe, daß der Freistaat beziehungsweise der Landesgesetzgeber an den derzeit bestehenden eindeutigen Regelungen zum Sonn- und Feiertagsschutz festhält und sich der Einhaltung des gegenwärtig noch bestehenden Sonn- und Feiertagsschutzes verpflichtet weiß

Interview: Eckhard Pohl

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 10 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 08.03.1998

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