Gottes Verheißung greifbar machen
Neues Begegnungszentrum der Fokolare
Zwochau (dw) - Als "großes Verdienst der Fokolare" bezeichnete der Magdeburger Bischof Leo Nowak am 7. März in Zwochau, daß über Einheit im Sinne des Evangeliums "hier und da nicht nur geredet" werde. Die Fokolarbewegung suche nach praktischen Schritten, die Verheißung Jesu Christi ein Stück erlebbar und greifbar zu machen. In der heutigen Welt und auch in der Kirche scheine nichts notwendiger als das Bemühen um Einheit
Das "Mariapolizentrum Einheit", das Bischof Nowak in Zwochau einweihte, soll als Stätte der Begegnung und des Dialogs zwischen Angehörigen verschiedener Weltanschauungen, Religionen und Konfessionen dazu beitragen, Menschen auf dem Weg zur Einheit mit Gott und untereinander voranzubringen. Der Neubau ist in den vergangenen zweieinhalb Jahren in Erweiterung des St.-Adalbert-Hauses entstanden, das bis 1991 dem Bischöflichen Amt Magdeburg als Bildungsstätte diente. Ein Mehrzweckraum mit 250 Sitzplätzen und drei Übersetzerkabinen, verschiedene Gruppenräume, Küche und Speisesaal erstrecken sich über die beiden Etagen des neuen Traktes
Lucia Degasperi, die Verantwortliche für die Fokolare in den neuen Ländern, erinnerte daran, daß die geistliche Gemeinschaft den Plan zum Bau eines derartigen Zentrums bereits in den 80er Jahren gefaßt hatte. Die Fokolarbewegung, die auf Initiative der Italienerin Chiara Lubich im Zweiten Weltkrieg entstanden ist, war Anfang der 60er Jahre durch westdeutsche und italienische Ärzte in die DDR gekommen. Von dort aus hatte sie auch in Tschechien, Polen und der ehemaligen Sowjetunion Verbreitung gefunden. Da offizielle Zusammenkünfte in den meisten Ostblockländern nicht möglich waren, kamen Fokolare der östlichen Nachbarländer häufig in die DDR. Man traf sich in evangelischen und katholischen Gemeindehäusern. In Leipzig wollten die Fokolare ein Haus bauen, das von den Nachbarländern mitgenutzt werden sollte
Das erforderliche Geld hatten zum großen Teil die Gemeinden westdeutscher Priester gespendet, die zur Fokolarbewegung gehören. Für die Spendenaktion hatten sie den unverfänglich klingenden Namen "Inge" (Ini-tiative Gemeindezentrum) gewählt. Zweimal scheiterte das Bauvorhaben jedoch an der erforderlichen Genehmigung. Unter anderem stellte sich heraus, daß ein vorgesehener Bauplatz zu nahe an einer Stasi-Unterkunft lag
Gäste der Einweihungsfeier waren auch Vertreter der evangelischen und orthodoxen Kirche, Angehörige anderer geistlicher Gemeinschaften, darunter die Kleinen Schwestern Jesu und die Schwestern Mutter Teresas, sowie die katholischen Bischöfe der Bistümer Erfurt und Dresden-Meißen, Joachim Wanke und Joachim Reinelt. Bischof Wanke hob in seinem Grußwort das Engagement der Fokolare für Familien hervor und dankte ihnen dafür. Bischof Reinelt betonte, daß nur Gott zur Einheit führen könne. Gott fehle bei keiner Begegnung zwischen Menschen, und er sei insbesondere dort anzutreffen, "wo es weh tut". Wer ein irdisches Paradies ohne Schmerzen verheiße, der belüge die Menschen
Die Gründerin der Fokolarbewegung, Chiara Lubich, die heute in Rocca di Papa bei Rom lebt, nahm nicht selbst an der Einweihungsfeier teil, stellte aber für November einen Zwochau-Besuch in Aussicht. Sie hatte dem Begegnungszentrum den Namen "Einheit" gegeben und ein passendes Leitwort aus dem Johannes-Evangelium ausgewählt: "Daß alle eins sind"
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 15.03.1998