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Bistum Erfurt

Kirche und Bündnisgrüne

Gespräch

Erfurt (tdh) - Bündnis 90 / Die Grünen bemüht sich nach eigenen Angaben gegenwärtig um einen "offenen, gründlichen Diskussionsprozeß" mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften. Vertreter der Thüringer Bündnisgrünen und der katholischen Kirche trafen sich vor diesem Hintergrund in der vergangenen Woche zu einem Informationsgespräch in Erfurt. Dazu eingeladen hatte das Katholische Büro und das Katholische Forum. An dem Treffen nahmen unter anderen Generalvikar Dr. Georg Jelich, Diözesan-Caritasdirektor Bruno Heller, Katholikenratsvorsitzender Helmut Groß und die Thüringer Landessprecher von Bündnis 90 / Die Grünen, Katrin Göring-Eckardt (Mitglied des Bundesvorstandes der Partei) und Olaf Möller, teil.

"Kirchen und christliche Basisinitiativen sind uns vielfach wichtige Verbündete im Einsatz für eine soziale Gesellschaft, eine humane Ausländerpolitik und für die Bewahrung der Schöpfung", begründet Landessprecherin Göring-Eckardt dieses Anliegen. Die Grünen setzen sich für eine Neubestimmung des Verhältnisses von Staat und Kirche ein: So strebt die Partei unabhängig vom konfessionellen Religionsunterricht die Einführung des Schulfaches "Lebenspraxis / Ethik / Religionskunde" an. Nach dem Willen der Bündnisgrünen soll sich der Staat aus der Trägerschaft der Militärseelsorge zurückziehen und diese durch die Kirchen übernommen werden. Außerdem möchte die Partei mittelfristig die Ablösung der Kirchensteuer durch Mitgliedsbeiträge erreichen. Dies könne jedoch nur über einen längeren Zeitraum hinweg realisiert werden, während dessen sich kirchliche und staatliche Strukturen hinsichtlich von Trägerschaft und Finanzierung darauf einstellen könnten, so die Bündnisgrünen.

Der Leiter des Katholischen Büros Erfurt, Ordinariatsrat Winfried Weinrich, wies bei dem Hintergrundgespräch in der Erfuter Bildungsstätte St. Martin auf Änderungen im Wahlprogramm der Bündnisgrünen hin. Während in vorangegangenen Entwürfen von einer "konsequenten Trennung" im Verhältnis der Kirchen zum Staat die Rede war, werde seit dem Magdeburger Parteitag schlicht festgestellt, daß Kirche und Staat getrennt sein müssen. Weinrich: "Ich interpretiere dies als ein Anzeichen für eine Neubesinnung und frage, wie unter diesem Vorzeichen die bestehenden Kooperationsfelder Religionsunterricht, Kirchensteuer und besondere Seelsorge gesehen werden." Die Frage im Verhältnis zwischen Staat und Kirche "heißt nicht Eigenständigkeit oder Kooperation, sondern Eigenständigkeit und Kooperation".

Während es Bereich von Sozial- und Ausländerpolitik, Schöpfungsbewahrung und Engagement für die Dritte Welt durchaus "Übereinstimmungen" gebe, so der Leiter des Katholischen Büros, bestünden neben den unterschiedlichen Auffassungen in der Frage der Ausgestaltung des Staat-Kirche-Verhältnisses auch Differenzen in den Bereichen Schutz des ungeborenen Lebens und auf dem Feld von Ehe und Familie.

Ordinariatsrat Weinrich erinnerte in seinem Statement daran, daß Bündnis 90 / Die Grünen in den neuen Bundesländern zu einem erheblichen Teil aus kirchlichen Gruppen beziehungsweise Menschenrechtsgruppen entstanden ist. Deshalb sei der Dialog zwischen Bündnis 90 / Die Grünen und der katholischen Kirche nie abgerissen, während er in den alten Bundesländern erst in jüngster Zeit besser wird.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 13 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 29.03.1998

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