Von Geisterfahrern und dem Heiligen Geist
Kindertag zum Heilig-Geist-Jahr
Görlitz (leo) - "Feuer auf die Erde zu bringen, Feuer zu bringen bin ich gekommen." Etwa 40 glockenklare Stimmchen erfüllen das kleine Klemens-Neumann-Heim der St.-Jakobus-Gemeinde in Görlitz, wo sich die sechs- bis zwölfjährigen Schüler während eines Kindertages Gedanken zum Heiligen Geist machen. Doch nun ist Mittagspause, und vor dem Essen wird in der munteren Runde noch einmal der neue Kanon gesungen, unter dessen Motto der gesamte Tag steht.
Alle paar Monate findet in der St.-Jakobus-Gemeinde ein solcher Kindertag statt. "Im Jahr des Heiligen Geistes sollte dieses Thema auch Kindern näher gebracht werden. Sie sollen spüren, was dieser Geist ist, was er bewegen kann", sagt Gabriele Kretschmer, die den Kindertag mit tatkräftiger Unterstützung einiger Jugendlicher aus der Gemeinde organisiert. "Es ist wichtig, daß im Sinne des Jahres des Heiligen Geistes auch etwas ,von unten kommt".
In kleinen Gruppen überlegten die Kinder zunächst, wie dieser Geist aussehen kann und pantomimisch darstellbar ist. "Einige kamen darauf, daß es ein sich öffnendes Grab sein könnte. Aber auch Ideen wie ein Geisterfahrer oder eine Geisterbahn waren dabei", schmunzelt Gabriele Kretschmer. Sie bat die Kinder zu überlegen, was das wohl für ein Geist sein könnte, von dem in der Kirche so oft die Rede ist. Gemeinsam kam man zu dem Ergebnis, daß der wohl nur symbolisch darzustellen ist. So begab man sich auf die Suche nach passenden Symbolen. Ein Gruppenspiel mit viel Bewegung handelte von den Elementen Feuer, Wasser und Luft. Konzentration und Vorsicht verlangte die Aufgabe, eine brennende Kerze und eine Schale mit Wasser in entgegengesetzter Richtung im Kreis umherzugeben.
Mit den menschlichen Geistesgaben befaßten sich die Kinder, als sie farbenfrohe Papiergirlanden bastelten. Jede Farbe verdeutlichte eine bestimmte Charaktereigenschaft. Schließlich schmückten die Kinder mit ihren Girlanden das Kirchenportal, "ein Zeichen dafür, daß wir alle mit unseren Talenten zum Gelingen der Gemeinschaft beitragen können", so Gabriele Kretschmer.
Andächtig und aufmerksam verfolgten die Kinder den Kreuzweg, den Gabriele Kretschmer durch Bewegungen und lebendige Beschreibungen für die Kinder begreif- und erfaßbar machte. Jugendliche der Gemeinde stellten in einem Rollenspiel die Gemeindegründungen durch Paulus und Barabas nach. "Dadurch soll deutlich werden, daß so eine Aufgabe nur mit viel Power - eben dem Heiligen Geist - möglich ist", erklärt Gabriele Kretschmer. "Die Kinder sollen merken, daß diese Kraft von den ersten Gemeinden an bis heute wirkt."
In kleinen Gruppen überlegten die Kinder anschließend, wie und wo der Heilige Geist in der St.-Jakobus-Gemeinde spürbar ist und wie man ihn im Anschluß an den Kindertag mit in die Gemeinde nehmen könne. "Der Heilige Geist wirkt doch, wenn alle zusammenkommen, zum Fasching oder am Kindertag", vermutet jemand, "oder wenn wir zusammen Messe feiern", ergänzt ein anderer. "Vielleicht kann man auch zu alten Leuten gehen und denen helfen".
Für die Idee, sich abwechselnd in der Sonntagsmesse um die Gabenbereitung zu kümmern, waren viele zu begeistern. Sofort meldeten sich zwei Franziskas, die diese Aufgabe als erste übernehmen wollen.
Unumstrittener Höhepunkt war ein "echtes" Lagerfeuer vor der Kirche. Hier erfuhren die Kinder, daß ein Feuer nur richtig brennt, wenn die einzelnen Scheite zusammen sind. "Und ganz ähnlich ist das mit dem Heiligen Geist auch", so Gabriele Kretschmer.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 12.04.1998