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Bistum Erfurt

Durch Südamerika-Projekt Verantwortung erkennen

Firmvorbereitung

Jena (ib/tdh) - Sechs Jenaer Mädchen und Jungen wollten die Not südamerikanischer Straßenkinder nicht einfach nur zur Kenntnis nehmen. Im Rahmen eines Projekts im Zusammenhang mit ihrer Firmvorbereitung setzten sie sich intensiv mit der Situation ihrer Altersgenossen auseinander und machten anschließend in mehreren Thüringer Städten mit Aktionen darauf aufmerksam.

Insgesamt neun Firmgruppen mit insgsamt 60 jungen Leuten, die an diesem Sonntag in Jena durch Bischof Joachim Wanke gefirmt werden, waren vor die Aufgabe gestellt worden, sich neben der im engeren Sinne geistlichen Vorbereitung auf das Sakrament ein besonderes Projekt zu suchen. Ziel: Mit dem Projekt sollten die Mädchen und Jungen exemplarisch ihre Verantwortung als nun mündige junge Christen erkennen und verdeutlichen können. Eine Gruppe führte eine Umfrage zum Thema "Kirche" in ihrer Gemeinde durch, eine andere engagierte sich für behinderte Kinder, wieder eine andere beschäftigte sich mit dem Thema Geist und Geister. Theresa, Kristin, Cordula, Andreas, Matthias und Clemens entschieden sich gemeinsam mit ihren Firmgruppenleitern Ines Beck und Reimund Märkisch für ein Projekt zugunsten der Straßenkinder Lateinamerikas.

"Am Anfang haben wir uns erst einmal mit dem Thema Straßenkinder vertraut gemacht", erzählt die 16jährige Kristin Menzel. "Das war ganz schön erschütternd." Über Hilfsorganisationen hatten sich die Jugendlichen Material beschafft. Außerdem waren sie bei der Jenaer UNICEF-Vertreterin zu Gast.

Nach der inhaltlichen Auseinandersetzung wollten die sechs Schüler auch etwas tun. "Wir kamen auf die Idee, einfach mal zu versuchen, das Leben der Straßenkinder ein bißchen nachzuleben, zu betteln", sagt Kristin. "Das fiel uns zumindest insofern nicht so schwer, da die Jugendlichen, die in Südamerika auf der Straße leben, ja in unserem Alter sind." Als Straßenkinder verkleidet postierten sich die jungen Leute mit Schauwänden in den Einkaufspassagen von Weimar, Apolda und auch in Erfurt. Zugleich machten sie immer wieder mit einem von ihnen dargebotenen szenischen Standbild und durch Schuheputzen auf die Not der Straßenkinder aufmerksam. "Dabei sind wir mit vielen Menschen ins Gespräch gekommen", berichtet Kristin. "Die Reaktionen waren sehr unterschiedlich, reichten von Interesse bis Ablehnung." Nebenbei sammelten die jungen Leute bei der Aktion fast 1000 Mark. Das Geld soll je zur Hälfte UNICEF und der Jugendarbeit Don Bosco der Salesianer zur Verfügung gestellt werden. ",Don Bosco‘ kannte fast keiner, da war es schon gut, UNICEF als ,Zugpferd‘ zu haben", sagt Kristin.

Unterstützung erhielten die Schüler seitens des Jenaer Theaterhauses, durch die Managements der Einkaufspassagen und durch ihre ehrenamtlichen Firmgruppen-Betreuer Ines Beck und Reimund Märkisch. "Die Jugendlichen konnten bei dem Projekt gut lernen, sich mit anderen Menschen auseinanderzusetzen, sowohl mit dem Leid der Straßenkinder Südamerikas als auch mit Passanten in den Einkaufspassagen", sagt Studentin und Gemeindemitglied Ines Beck auf die Frage, was das Projekt mit der Firmvorbereitung zu tun habe. "So kann eine soziale Kompetenz wachsen, die ein Christ haben sollte. Der Einsatz für Notleidende ist eine urchristliche Tradition. Und im übrigen kann sich dabei jeder die Frage stellen: ,Bin ich bereit, für meine Firmung Zeit zu opfern, Ideen einzubringen?‘"

Ihre Aufgabe als Firmgruppenleiterin hat Frau Beck als unproblematisch erlebt. Als 20jährige sei es leicht, mit den Jugendlichen in ein unkompliziertes Verhältnis zu treten, sagt sie. Zudem hält sie das ehrenamtliche Engagement möglichst vieler in Gesellschaft und Kirche für unerläßlich. "Unsere Gemeinden können nur mit ehrenamtlichem Engagement überleben. Da ist dringend ein Umdenkungsprozeß erforderlich", so die junge Christin.

Für Reimund Märkisch, der ebenfalls zur Jenaer Gemeinde gehört, ist das gelungene Projekt ein Beleg dafür, daß Jugendliche auch heute zu motivieren und zu begeistern sind. "Die Jugend ist immer auf der Suche und erst einmal fürs alles aufgeschlossen", sagt der Student. "Nur wer enttäuscht wird, kommt nicht wieder. Dafür ist heute die Angebotsvielfalt in der Gesellschaft viel zu groß." Für besonders wichtig hält es der Firmgruppenleiter, die Jugendlichen "als Menschen und Christen ernstzunehmen". "Sie sind schließlich fast erwachsen und sollen gefirmt, also vollwertige Mitglieder unserer Gemeinde werden", sagt Märkisch. Zwar sei der Anspruch der Jugendlichen heute wohl höher als früher, zugleich aber seien auch die Möglichkeiten "unendlich viel größer" geworden.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 17 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 26.04.1998

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