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Bistum Magdeburg

Helfen, damit Leben weitergeht

Bosnien-Hilfe

Leuna (tdh) - Diakon Dieter Falken aus Leuna war Ende April mit vier Begleitern fnf Tage lang in Bosnien. Zwei Jahre lang hatte er Brgerkriegsflchtlinge aus Bosnien in der Umgebung von Leuna betreut. Ein groer Teil von ihnen wurde in "befriedete Gebiete" nach Hause geschickt.

Schon bald kamen eindringliche Hilfegesuche: "Diakon wenn du helfen kannst, dann hilf uns - es ist Katastrophe hier." Im vergangenen Jahr organisierte Diakon Falken trotz groer Hindernisse drei Bosnien-Hilfstransporte. Jetzt schickte er dem Tag des Herrn einen Bericht von seiner jngsten Bosnien-Fahrt:

"Am 24. April startete unser Hilfstransport nach Bosnien-Herzegowina mit einem VW-Bus und einem Lastwagen mit Anhnger. Pfarrgemeinden aus dem ganzen Umkreis hatten Geld und Sachspenden gesammelt, Arztpraxen, Apotheken und Drogerien hatten die Vorbereitung ebenfalls untersttzt. ber Passau, Graz, Slowenien, Zagreb und Karlovac ging es reibungslos bis Bihac an der bosnischen Grenze. Hier waren zeitraubende brokratische Hindernisse zu berwinden, sieben Stunden lang.

Sonntag frh fnf Uhr erreichten wir nach einer abenteuerlichen Fahrt unseren Zielort Novi Travnik. Wir nahmen Quartier im Hotel und ruhten ein wenig aus. Gegen zehn Uhr der erste Kontakt mit unseren bosnischen Freunden. Marko Kolak und Professor Ivan gaben uns den ersten Situationsbericht. Auf kritische Anfragen unsererseits bekamen wir zur Antwort: ,Verget nicht, da hier in Bosnien drei Kulturkreise aufeinanderstoen. Das bringt viele Probleme mit sich. Das Leben verluft hier seit Jahrhunderten mit vielen Problemen'.

Wir erkannten im Gegensatz zum vergangenen Jahr erste Fortschritte. Zum Beispiel ist die muslimische und die kroatische Polizei vereint und man kann ungehindert in die zerstrten kroatischen Drfer in den Bergen fahren. Man sieht kroatische Familien in den Bergen Picknick machen. Am Nachmittag ging es dann mit dem katholischen Pfarrer Augustin Lozic und einigen Begleitern hinauf in die Berge in das sinnlos von Muslimen zerstrte Dorf Pecine. Wir muten zehn Kilometer vllig zerstrte Strae berwinden. Es war eine Gelndefahrt. Das Dorf Pecine macht einen trostlosen Eindruck. Hier lebten vor ein paar Jahren 2100 Menschen. Die zerstrte Kirche stammt aus dem Mittelalter. Sie gilt bei den Kroaten als ein Heiligtum.

Der Pfarrer sagte uns, 90 Prozent der ehemaligen Bevlkerung mchte in dieses Dorf zurckkehren. ,Auch, wenn ihr es nicht fr sinnvoll haltet - das Leben in den Bergen mu weitergehen. Es gibt hier fruchtbaren Boden und gutes Wasser. Wir drfen nicht in Mutlosigkeit versinken.

Niemand kann in seinem Herzen seine Heimat vergessen. Wir mchten in diesem Gebiet leben. Wo sollten wir sonst hin? Die Stdte mit ihren Wohnungen sind berbevlkert. Wir leben hier anders als in eurer Heimat. Ich bin bei den Menschen meiner Heimat, ich setze mich fr ihre Rechte ein, dafr bin ich Priester. Helft uns, damit das Leben hier wieder weitergeht.'

Am Montag wurde unser Transport am Lager des Roten Kreuzes von Novi Travnik entladen, zuvor wurden vom Zoll die Zollplomben entfernt. Es waren viele Helfer zugegen. Wir bekamen Dankesworte vom Roten Kreuz und vom Caritasdirektor sowie vom Dechanten der Region zu hren. Es wurde alles dankbar entgegengenommen. Anschlieend folgte ein Empfang beim Brgermeister, der uns nochmals nachhaltig die Situation der Stadt und der Umgebung erklrte. Die Rentner bekommen keine Rente; sie sind auf humanitre Hilfen angewiesen, 80 Prozent Arbeitslosigkeit, kein Arbeitslosengeld, keine Sozialhilfe, kein Geld in den Kassen, Wassermangel, die hohe Zahl der zu erwartenden Rckkehrer, kein intakter Wohnraum, insgesamt schier unlsbare Probleme.

Nach dem Mittagessen folgten Besuche bei hilfsbedrftigen Familien. Bei vieler sichtbarer Armut erfolgte eine herzliche Aufnahme. Trotz vieler Unzulnglichkeiten leben wir bei uns in Deutschland wie im Paradies. Am folgenden Tag nach dem Frhstck Abschiednehmen von unseren Gastgebern. Marijan Levrinovic rief uns zu: ,Verget uns nicht!'. Neben guten Reisewnschen gab er uns noch einige materielle Wnsche mit auf den Weg; wir werden versuchen, sie zu erfllen: Nh- und Strickmaschinen, Khlschrnke, Baumaterial, Wasser- und Elektroinstallationsmaterial, Glas und Wolle.

ber Travnik, Kijuc und Jaice ging es nach Banja Luka. Hier durchfuhren wir die serbische Teilrepublik mit herrlichen Landstrichen. Uns berkam die Lust, hier Urlaub zu machen. Teilweise konnten wir Aufbauarbeiten erkennen. Die Sfor war allgegenwrtig. Ich glaube, da das auch zwingend notwendig ist. Bei Banja Luka ist die serbisch / boschisch-kroatische Grenze. Es folgte eine kurze Kontrolle durch die bosnisch-serbische Polizei. Die Heimfahrt ging ber Zagreb, Klagenfurt, Salzburg und Mnchen. Mittwoch frh 2.30 ein freudiges Wiedersehen mit unseren Lieben in Leuna.

Was haben wir erreicht? Haben wir den berhmten Tropfen auf den heien Stein fallen lassen? Bosnien-Herzegowina ist weit vom friedlichen Nebeneinander seiner Brger entfernt. Ohne die Hilfe von Westeuropa droht dieser Staat unterzugehen. Die Sfor-Truppen werden wohl noch lange bleiben mssen. Am 5. August planen wir einen weiteren Hilfstransport nach Novi Travnik."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 21 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 24.05.1998

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