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Aus der Region

Gegen Abschiebung aus und nach der Haft

Kongre

Berlin (rc / tdh) - Eine Legalisierung des Aufenthalts für alle Menschen, die in Deutschland leben wollen, unabhängig von ihrer Nationalität haben die katholische Friedensbewegung Pax Christi, die Deutsche Aids-Hilfe, der Berliner Flüchtlingsrat und andere Gruppen gefordert. Dazu gehöre die soziale und finanzielle Absicherung ihres Lebens, forderten die Gruppen auf einem "Kongress gegen Abschiebung aus und nach der Haft" in Berlin, an dem Vertreter von 21 Vereinen und Institutionen teilnahmen. Als Nahziel forderten die Gruppen eine "Paß-Amnestie 2000" für alle, die ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland leben.

Der Präsident der Berliner Ärtzekammer, Ellis Huber, forderte vor den 140 Teilnehmern einen grundlegenden Wandel in der deutschen Ausländerpolitik. Deutschland brauche "eine Politik, die nicht länger Ängste schürt, sondern Ängste abbaut". Die Kirchen seien wichtige Bündnispartner bei der Forderung nach menschlicheren Ausländergesetzen. Notwendige Voraussetzung sei allerdings ein Bewußtseinswandel bei der Bevölkerung und in der Politik. Gerade Politiker müßten begreifen lernen, "daß jeder Ausländer in Deutschland eine Chance ist. Denn Ausländer werden gebraucht, um in dieser globalisierten Welt leben zu können".

Scharfe Kritik übte Huber an der Abschiebung von Folteropfern, die sich in einer Therapie befinden. Dies sei "Barbarei". Der bayrischen CSU warf Huber vor, sie verrate mit ihrer Ausländerpolitik "alle Normen der christlich-abendländischen Kultur". Damit entspreche sie der "Endzeitstimmung eines zusammenbrechenden sozio-kulturellen Systems", die heute in Deutschland herrsche.

Einzelfallgerechtigkeit auch für straffällig gewordene Ausländer forderte Traudl Vorbrodt von "Pax Christi" Berlin. Die Ausweisung nach verbüßter Strafe werde oft als "Zweitbestrafung" empfunden. Besonders betroffen seien häufig die Angehörigen. Zudem gebe es eine deutliche Diskrepanz zwischen einer vorzeitigen Haftentlassung mit Resozialisation und der folgenden Ausweisung wegen "Gefährdung der öffentlichen Ordnung".

Auch der Berliner Erzbischof, Kardinal Georg Sterzinsky, unterstützte in einem schriftlichen Grußwort an den Kongreß das Anliegen, "bei straffällig gewordenen Menschen ausländischer Staatsangehörigkeit von einer Ausweisung aus Deutschland abzusehen, wenn eine persönliche Härte im Einzelfall dagegen spricht". Es gehöre zum "gesellschaftlichen Auftrag der Kirche", den Blick auf den einzelnen Menschen und sein Schicksal dort anzumahnen, wo dies nicht mehr gewährleistet sei.

"Kriminalität und Verantwortung lassen sich weder in Gefängnisse noch ins Ausland abschieben", heißt es in einer von mehreren Friedens- und Ausländerinitiativen getragenen Resolution. In Deutschland werde "Abschiebung als Strafinstrument" benutzt und bedeute faktisch die "Verbannung ins Elend", kritisieren die Autoren der Resolution. Auch bestünde die Mehrzahl der Delikte, für die straffällig gewordene Ausländer abgeschoben werden, in Verstößen gegen das repressive Ausländerrecht, sei also "staatlich organisierte Kriminalität".

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 22 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 31.05.1998

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