Pfingsten als Fest der Verstndigung
Bischofswort
Pfingsten ist das Fest des Geistes Gottes. Der Geist des Herrn ist eine treibende Kraft, die bewirkt, da die vielen unterschiedlichen Menschen, Gruppen, Vlker und Nationen, Mnner und Frauen sich auf den Weg des Miteinander begeben und nicht gegen einander stehen. Der Geist des Herrn belebt auch die Kirche. Das Streben nach der Einheit wird sie niemals verlassen. So feiern wir Pfingsten auch als das Fest der Vlkerverstndigung. "Jeder hrte sie in seiner Muttersprache reden", so berichtet die Apostelgeschichte (Apg 2,6 ).
Der Geist bewirkt Verstndigung. Obwohl die Vlker unterschiedliche Sprachen sprechen, knnen sie doch einander verstehen. Das ist wunderbar! Wie oft beklagen wir uns, wenn wir einander nicht verstehen. Es geht uns gut, wenn wir sagen knnen, "der versteht mich." Und es geht uns schlecht, wenn wir sagen mssen, "der versteht mich nicht!"
Einander verstehen, das ist keineswegs selbstverstndlich. Wir brauchen Eltern, Geschwister, Freunde, Gefhrten des Glaubens, damit wir leben knnen. Wir bentigen Menschen, zu denen wir Vertrauen haben knnen. Solche Menschen sind ein kostbares Geschenk. Einander verstehen, das ist lebensnotwendig! Der Geist mahnt zum Aufbruch und macht Mut zum Leben. Dieser Geist stiftet Hoffnung und berwindet Resignation. Der Geist hilft, da wir einander die Hnde reichen und nicht die Faust gegen einander erheben. Der Geist will, da wir uns ein gutes Wort gnnen und nicht sprachlos einander gegenberstehen. Der Geist berwindet Sprach-losigkeit und will, da wir miteinander reden, denn viele sind in unserer Zeit buchstblich sprach-los geworden. Sie sind die Arbeit los, arbeits-los, sie sind die Ehe los, ehe-los, kinder-, religions- und heimat-los! Und wir alle wissen, da der Mensch so eigentlich nicht leben kann. Denn wer seine Freiheit nur zum Deckmantel seines Egoismus gebraucht, der schneidet sich frher oder spter ins eigene Fleisch. Wir bentigen Ziele und Aufgaben, fr die wir uns einsetzen, Menschen und Ideale, fr die wir leben knnen. Am Beispiel Jesu knnen wir ablesen, da wir zum Leben kommen, wenn wir unser Leben einsetzen. Er hat fr die Menschen gelebt und sein Leben fr uns hingegeben. Auf diese Weise hat er das Leben fr alle erworben. Dieser Geist soll uns erfllen. Und von diesem Geist ist schon "der ganze Erdkreis erfllt". Das Pfingstfest ldt uns ein, diese Erfahrungen in den Blick zu nehmen. Wieviele Menschen mhen sich in unserer Welt um Verstndigung. In Europa, zwischen Ost und West im eigenen Land und in Krisengebieten. Wieviele leisten Beratungsdienste in unserer Gesellschaft und in der Kirche und suchen in Konfliktsituationen nach Wegen des Miteinander. Wieviele sind bemht, um die christlichen Kirchen und Gemeinschaften einander nher zu bringen, weil sie das Wort des Herrn nicht loslt: "da alle eins seien!"
Schauen wir doch wenigstens zu Pfingsten auf unsere schrecklich-schne Welt mit den Augen Gottes und entdecken wir seine Spuren. Helfen wir uns gegenseitig, da wir nicht nur das sehen, was negativ ist, sondern schauen wir auf das, was unsere Finsternis hell macht. Und freuen wir uns auch ber unsere Kirche, die ja zu Pfingsten Geburtstag feiert und die nach wie vor den Geist der Liebe Gottes in sich trgt. Wenigstens zu Pfingsten sollten alle, die sich trotz aller Widerstnde unverdrossen fr den Geist der Verstndigung in Kirche und Welt einsetzen einmal hren drfen: Dankeschn! Wir freuen uns, da du das tust. Mach weiter so und la dich nicht beirren. Beten wir, da der Geist des Herrn, der Geist der Verstndigung uns alle mehr und mehr erfllt. Bischof Leo Nowak
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 31.05.1998