Brückenbauer zwischen Ost und West
Adalbert-Preis für Kardinal König
Magdeburg (dw) - Mitteleuropa sollte seine Brückenfunktion für Europa nach dem Vorbild des heiligen Adalbert stärker als bisher wahrnehmen, sagte der frühere Wiener Erzbischof Kardinal Franz König (92) am 6. Juni bei der Entgegennahme des diesjährigen Adalbert-Preises in Magdeburg.
Bundespräsident Roman Herzog überreichte ihm die mit 20 000 Mark dotierte Auszeichnung der privaten "Adalbert-Stiftung-Krefeld", mit der seit 1995 jährlich einer Persönlichkeit geehrt wird, die sich um die geistige und kulturelle Einigung zwischen West- und Osteuropas verdient gemacht hat.
Herzog stellte König als einen Menschen heraus, der zum Bau eines "geistigen Daches" für das geeinte Europa beigetragen habe. Europa müsse vom Geist her gebaut werden. Die Wirtschaft dürfe nicht bestimmend sein, sie müsse dem menschlichen Geist folgen.
Der Prager Erzbischof Kardinal Miloslav Vlk würdigte in seiner Laudatio Kardinal Königs Einsatz für die Einheit der Christen, die Einheit der Weltreligionen und die Einheit der Menschheit. Er sei ein "Brückenbauer zwischen West- und Osteuropa" sowie ein Vorkämpfer des interreligiösen Dialogs und des Dialogs mit den Nichtglaubenden gewesen.
Dem Institut Pro Oriente, das Franz König 1964 gründete, sei es zu verdanken, daß im Dialog zwischen der römisch-katholischen Kirche und den alten Ostkirchen "mancher gegenseitige Stachel gebrochen" worden sei. Er habe als "Schirmherr des Dialogs mit den Marxisten und Atheisten" gegolten, weil er die komplizierte Lage im Osten nicht nur "vom grünen Tisch aus", sondern in allen Nuancen verstanden habe.
Der Adalbert-Preis, der neben der Geldsumme aus einer Verleihungsurkunde und einer Goldmedaille mit dem Siegel des heiligen Adalbert von Prag besteht, war in den vorangegangenen Jahren bereits an den polnischen Ministerpräsidenten Tadeusz Mazowiecki und posthum an den früheren Ministerpräsidenten von Ungarn, József Antall, und den Prager Kardinal Frantisek Tomásek verliehen worden. Die Auswahl trifft ein Komitee, dem jeweils drei Vertreter Ungarns, Tschechiens, der Slowakei und Polens angehören.
Der heilige Adalbert von Prag stehe als Symbol für eine europäische Einigung, in der die ethnische und kulturelle Vielfalt der Völker bewahrt bleibe, sagte der Stiftungsvorsitzende Hans Friedrich Dickel. Sein Leben könne als Mahnung dafür dienen, die neugewonnene Freiheit Europas nicht ohne Solidarität und Verantwortung zu leben.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 14.06.1998