Deutsche Jugendkraft
Kicken mit Tradition
Finsterwalde - In der Küche herrscht geschäftiges Treiben. Die letzten Kleinigkeiten müssen noch erledigt werden, bevor die Geburtstagsgäste kommen. Kaffee wird gerade gekocht, Kuchen geschnitten, das Obst in die Schalen drappiert; und die herzhaften Snacks müssen auch noch auf Teller und Platten verteilt werden. Und dann treffen auch die Gäste ein. Die Männer und Frauen, Kinder und Jugendlichen, die am 24. Februar in das Finsterwalder Gemeindehaus kommen, stoßen auf das zehnjährige Bestehen ihres katholischen Sportvereins an. Am 22. Februar 1991 wurde er als Ortsgruppe des bundesweit bestehenden Verbandes DJK gegründet.
Vor dem Gemeindehaus wehen weiße Fahnen in der kalten Winterluft. Ein grüner Adler auf weißem Grund, und dazu die drei Buchstaben "DJK". Der Vereinsname, der sich dahinter verbirgt - Deutsche Jugendkraft - und auch das Symbol des Adlers verraten: Die Ursprünge der katholischen Sportlergemeinschaft sind in einer anderen Zeit zu suchen. Tatsächlich feiern die Mitglieder und Freunde des DJK Finsterwalde die Wiedergründung des Vereins. Bereits 1925 hatte sich die Fußballmannschaft der Pfarrgemeinde dem katholischen Sportverein Deutschlands angeschlossen. Schon wenige Jahre später konnten die katholischen Kicker ihren eigenen Sportplatz einweihen. Doch 1933, kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, mussten alle Vereine der katholischen Kirche aufgelöst werden. So fanden auch die Aktivitäten des DJK ihr vorläufiges Ende. Auch nach dem Krieg war keine Neugründung möglich, schließlich waren auch in der DDR kirchliche Vereine unerwünscht. Begeisterte Fußballspieler gab es in der Pfarrei Finsterwalde während all dieser Jahre dennoch immer. Besonders die Ministranten trafen sich oft und gerne zum Kampf um das runde Leder. Dass es schließlich 1991 zu einer Wiedergründung des Vereins kam, ist eigentlich zwei jungen Kickern zu verdanken: Marco Ludwig und Andreas Jahn. Sie gehörten Ende der 80er Jahre zu einer Ministrantengruppe; ungefähr 30 Jungen, von denen 20 gerne Fußball spielten. Jeden Samstag um 14 Uhr trafen sich die Fußball-Begeisterten und bolzten bis in die Nacht. "Sonntags zur Messe kamen wir oft alle angehumpelt, und die Knochen taten uns weh. Dass wir uns dann immer gegenseitig von unseren Wehwehchen erzählt haben, gehörte mit dazu", erinnert sich Andreas Jahn, der damals mit 14 Jahren einer der Ältesten war. Jährlich arbeiteten sie mit ganzem Ehrgeiz auf ein Spiel gegen ältere Jugendliche der Pfarrgemeinde hin. Und langsam wuchs die Idee, einen eigenen Verein zu gründen.
"Ich war erst skeptisch, als die Ministranten 1987 zu mir kamen und eigene Trikots haben wollten", gibt Pfarrer Thomas Thielscher zu. Die Fußballer ließen nicht locker und sammelten sogar Altstoffe, um sich ihre Mannschaftstrikots finanzieren zu können. Und die Ministrantenstunde litt nicht unter all diesem Engagement. "Das hat mich überzeugt", erzählt Thielscher. Er sponsorte die Trikots, und 1988 schlug die Gründungsstunde für die "Finsterwalder Mini-Kicker". "Unsere Fahne war blau und gelb. In der Mitte ein Anker, und Alf aus der Fernsehserie war unser Maskottchen", schmunzelt Andreas Jahn. Ende 1990 kam dann aus der Bundesgeschäftsstelle des DJK die Anregung zur Wiedergründung. Schon einen Tag später zeigte Pfarrer Thielscher das Schreiben Marco Ludwig und Andreas Jahn. "Ich fand es gut, dass Jugendliche aus der Gemeinde im katholischen Verein Sport treiben, mit Verbindung zur Kirche. Manche waren in nichtchristliche Vereine gegangen und haben den Weg zurück nicht gefunden", erklärt Marco Ludwig, warum er von der Idee begeistert war. Zehn Jahre später ist er nun im Vorstand der Finsterwalder DJK und für die sportliche Seite des Vereinslebens zuständig. Daneben trainiert er die mittlerweile sehr erfolgreiche Jugendmannschaft und ist an der Organisation der Bistumsliga beteiligt.
Bei der Gründung war alles sehr schnell gegangen. "Ein bisschen Angst hatten wir neben der Begeisterung auch", meint Jahn, "dass die Großen uns alles wegnehmen, was wir Ministranten selbst auf die Beine gestellt hatten." Doch im Nachhinein ist er zufrieden. Die Jugend finde immer Anerkennung, obwohl zu der Jugendfußballmannschaft mittlerweile eine Kindermannschaft, ein Alte-Herren-Team, eine Tischtennisgruppe, eine Gymnastikgruppe für Frauen und eine gemischte Volleyballgruppe gekommen sind. Mit 120 Mitgliedern gehört die DJK zu den größten Vereinen der Stadt.
Auch Kinder und Jugendliche, die nicht katholisch sind, trainieren eifrig mit. Der DJK ist in Finsterwalde nicht mehr unbekannt. "Und er ist ein fester Bestandteil der Gemeinde, der Kinder- und Jugendseelsorge", resümmiert Thomas Thielscher.
Als Dankeschön sponsorte die Gemeinde zum Jubiläum 20 Sportjacken für die kleinsten Kicker, die die Jungen und Mädchen während der Feierstunde gleich anprobierten. Neue Trikots, Fußbälle und gehaltvolle Kuverts fanden sich ebenfalls auf dem "Geburtstagstisch". Als Ehrengäste waren neben Vertretern der Stadt Finsterwalde Mitglieder des DJK-Bundesvorstands, die Vorsitzenden von Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderat und einige Sponsoren gekommen, die den "stattlichen Baum" feierten, der, wie Thielscher formulierte "aus einem kleinen Pflänzchen herangewachsen" sei. Ein zweites kleines Pflänzchen, das am 24. Februar erst gesetzt wurde, soll genauso gut wachsen. Unmittelbar vor der Feier gründeten die drei DJK-Vereine des Bistums Görlitz in Finsterwalde, Senftenberg und Wittichenau einen Diözesanverband. In ihn soll künftig die Bistumsliga, die mittlerweile schon in zwei Ligen spielt, eingebunden sein. Nicht zuletzt können so Finanzmittel effektiver beantragt werden. Der Wunsch des "frisch gebackenen" Vorsitzenden Stefan Bönick aus Finsterwalde: In einigen Jahren soll in noch mehr Ortsvereinen die Tradition des DJK gepflegt werden: Gemeinsam glauben und Sport treiben, weil's Spaß macht.
Juliane Schmidt
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 04.03.2001