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Bistum Magdeburg

Caritas und Diakonie warnen vor den Folgen

Asylbewerberleistungsgesetz

Magdeburg (cm) - Durch das kürzlich im Bundestag und Bundesrat verabschiedete Asylbewerberleistungsgesetz sahen sich der Caritasverband des Bistums Magdeburg und das Diakonische Werk der Kirchenprovinz Sachsen veranlaßt, auf einer Pressekonferenz Stellung zu nehmen. Es sei zu befürchten, daß das neue Gesetz die Kürzung von Sozialleistungen nach sich zieht, sagte Caritasdirektor Franz Peter Jorgol. Die Politik habe nicht nur eine wesentlich härtere Gangart eingelegt, sondern auch die Würde des Menschen in Frage gestellt.

Die Bestrebungen, Sozialleistungen für Ausländer zu kürzen, seien keineswegs neu. Schon mit der Einführung des Asylbewerberleistungsgesetzes im Jahre 1993 seien Asylbewerber aus den bis dahin gültigen Minimal-Standards des Sozialhilfegesetzes ausgegrenzt worden. Die damit vollzogene Beschneidung des Existenzminimums stelle nicht nur eine soziale Diskriminierung dar, sondern spreche den Betroffenen ein Leben in Würde ab. Im Juni 1997 seien in einer Verschärfung dieses Gesetzes weitere Flüchtlingsgruppen mit einbezogen und die Leistungsreduzierung zeitlich ausgedehnt worden. Im Frühjahr dieses Jahres wurde wiederum eine Novelle dieses Gesetzes als Antrag in den Bundestag eingebracht. Dieser Entwurf sowie der daraufhin entwickelte Alternativ-Entwurf der Regierungskoalition sollte ermöglichen, daß für Ausländer, die nur im Status der Duldung oder des Anspruchs auf Duldung in Deutschland leben, der gesicherte Rechtsanspruch auf Sozialleistungen erlischt. Neben Ausländern, die nachweislich oder angeblich das Asyl- und Ausländerrecht mißbrauchen, wären vor allem Bürgerkriegsflüchtlinge sowie Opfer nichtstaatlicher Verfolgung, darunter in der Regel viele Frauen, betroffen gewesen.

Auf Bundes- und Landesebene hatten die Diakonischen Werke und Caritasverbände gemeinsam mit anderen Wohlfahrtsverbänden, den Kirchen und vielen Flüchtlingsinitiativen die Öffentlichkeit auf "humanitäre Härten" und unkalkulierbare Folgen dieser Gesetzesnovelle hingewiesen. Der daraufhin entstandene Druck habe den Erfolg gehabt, daß der Bundestag am 25. Juni eine erheblich abgeschwächte Version des Gesetzesvorschlages verabschiedete. Das eigentliche Ziel, die Verhinderung des Gesetzes, erreichten Caritas und Diakonie allerdings nicht.

Von dem nun verabschiedeten Gesetz seien zwar keine speziellen Flüchtlingsgruppen mehr pauschal betroffen, doch blieben genügend begrifflich unscharfe Formulierungen enthalten, die es immer noch ermöglichten, schutzbedürftigen Flüchtlingen Sozialleistungen ganz zu entziehen.

Dies betreffe besonders jene, die nicht direkt aus ihrer Heimat nach Deutschland geflohen sind, sondern sich längere Zeit in einem sogenannten "Drittland" aufgehalten haben, und Ausländer, die ihren Paß verloren oder vernichtet haben. Unlautere Absichten seien im Einzelfall jedoch nur schwer nachzuweisen, da viele Ausländer nur über Schlepperbanden einreisen könnten, die ihnen an der Grenze die Pässe abnähmen.

"Der Ermessensspielraum in der Auslegung und Anwendung des Gesetzes ist einfach zu groß", beklagt auch Gabriele Mertens, Abteilungsleiterin für den Bereich Migration des Caritasverbandes.

Bisher hätten erwachsene Asylbewerber ein Taschengeld in Höhe von 80 Mark erhalten. Außer Lebensmitteln und Unterkunft hätten sie davon alles bezahlen müssen. Frau Mertens geht davon aus, daß Einschränkungen beim Taschengeld und im medizinischen Bereich, bei Zahnersatz, Sehhilfen oder Vorsorgeuntersuchungen ansetzen werden. Was den Ausländern letztendlich an Sozialleistungen bleibe, sei heute noch völlig offen. Schwierig sei auch die grundsätzliche Abwehrhaltung der Behörden. So würden 95 Prozent der Asylanträge erst einmal abgelehnt. Den Antragstellern bleibe dann nur die Möglichkeit, vor Gericht Widerspruch einzulegen.

Ein Schwerpunkt der Arbeit von Caritas und Diakonie besteht darin, Vorurteile in der Bevölkerung Ausländern gegenüber abzubauen. Gabriele Mertens wehrt sich gegen das falsche Bild einer "Asylantenflut", daß Politiker in der Bevölkerung erzeugt hätten.

Über tatsächliche Zahlen gebe es zwar keine Statistiken, in Sachsen-Anhalt könne aber monatlich mit einer Zahl zwischen 250 und 350 Asylbewerbern gerechnet werden, vor allem Kurden, Türken und Vietnamesen. Insgesamt sei die Lage der Asylbewerber in Sachsen-Anhalt bisher relativ gut. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern seien hier statt Sachleistungen immer Geldleistungen gewährt worden. Doch auch hier seien durch das neue Gesetz Einschränkungen zu befürchten.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 29 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 19.07.1998

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