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Aus der Region

Taufbewerber

Die Einzelfälle sichtbar machen

16 Personen schrieben sich in das Taufbuch ihrer Gemeinde ein Erfurt / Dresden / Magdeburg (kna / tdh) - Die Zahlen sind nicht spektakulär. Aber seit Jahren ist ein Trend feststellbar: Immer mehr Erwachsene in Deutschland lassen sich taufen. 1999 wurden in den katholischen Diözesen Deutschlands immerhin 3447 Jugendliche oder Erwachsene getauft, etwa 1,4 Prozent der gut 250 000 Taufen. Und die Bischöfe - vor allem auch die in Ostdeutschland - haben erkannt, dass sich hier eine pastorale Chance ergibt.
So gehört es für den Erfurter Bischof Joachim Wanke "zu den guten Erfahrungen der Nachwendezeit", dass Thüringer wieder den christlichen Glauben entdecken - "nicht nur als interessante kulturelle Größe, sondern als Möglichkeit eines erfüllten Menschseins". Wanke gehört seit Jahren zu denen, die sich dafür einsetzen, diese Chance auch zu nutzen: "Gottes Wort hat überall seinen Ressonanzboden. Wir müssen nur lernen, mutiger und ohne Ängstlichkeit auf unsere Mitmenschen zuzugehen."
Die Bischöfe wollen mit neuen Konzepten den Taufbewerbern Gemeinschaftserfahrungen ermöglichen und zugleich die Einzelfälle stärker in den Gemeinden sichtbar machen. Dabei greifen sie auf Vorbilder in den USA zurück. Im vorigen Frühjahr besuchten zehn Bischöfe aus der Pastoralkommission der Deutschen Bischofskonferenz amerikanische Gemeinden, um sich über die dortige Erwachsenenseelsorge zu informieren. Neben Bischof Wanke, dem Vorsitzenden der Pastoralkommission, waren auch die Bischöfe von Magdeburg, Leo Nowak, und Dresden-Meißen, Joachim Reinelt, dabei.
In der katholischen Kirche der Vereinigten Staaten hat sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten eine breite Bewegung entwickelt, die Ungetaufte, Konvertiten sowie katholisch getaufte, aber nicht religiös erzogene Menschen in mehreren Schritten in die Gemeinden integriert. Allein in der Erzdiözese Chicago sind das jährlich etwa 2500 Männer und Frauen. In der US-Kirche gilt das Katechumenat, diese mehrstufige Vorbereitungszeit auf die Sakramente der Taufe, Firmung und Eucharistie, mittlerweile als die "größte Frucht des Zweiten Vatikanischen Konzils". Es habe in vieler Hinsicht zur Belebung der Gemeinden beigetragen.

Die einfache Grundidee des Erwachsenen-Katechumenats lautet, dass die Taufbewerber nicht einfach im stillen Kämmerlein vom Pfarrer Glaubensunterweisung erhalten und dann in einer familiären Feier in die Kirche aufgenommen werden, sondern dass die Gemeinden beteiligt werden. Taufpaten kümmern sich um die Bewerber, die schon bald am Gemeindeleben teilnehmen, in den Gottesdiensten wird für sie gebetet. Schrittweise werden sie zur vollen Eingliederung geführt. Höhepunkt ist die Taufe, die nach alter kirchlicher Tradition möglichst in der Osternacht stattfindet.

Eine Reihe von deutschen Bistümern hat in den vergangenen Jahren die Idee einer zentralen "Einschreibungsfeier" übernommen, so Erfurt, Magdeburg und eine Reihe westdeutscher Bisümer. In diesem Jahr haben auch die Bischöfe von Berlin und Dresden zu solchen Feiern eingeladen. Dazu kamen die Taufbewerber aus der ganzen Diözese mit Paten und Heimatpfarrern zu Beginn der Fastenzeit in die Bischofskirche und trugen sich in das Taufbuch ihre Heimatgemeinde ein. So bekräftigten sie öffentlich ihren Entschluss, sich taufen zu lassen und als Christen zu leben. Der Bischof sprach den Bewerbern die Zulassung zu den Sakramenten aus und legte ihnen die Hände auf.

Die zentrale Feier soll den Bewerbern zeigen, "dass sie mit ihrem Anliegen nicht alleine stehen", und zugleich "die Möglichkeit der Erwachsenentaufe stärker in das Bewusstsein" rücken, fasst das Bistum Dresden-Meißen das Anliegen zusammen.

Es ist kein Zufall, dass vor allem die Bistümer in Ostdeutschland besonders nach solchen neuen Wegen suchen. Bei aller Rede über religiöse Gleichgültigkeit: Dort zeigen Erwachsene immer wieder ganz unbefangen Interesse an den Themen Glauben und Kirche. Um diese anzusprechen, müssten allerdings die Gemeinden ihre häufig anzutreffende Selbstgenügsamkeit aufgeben und sich öffnen, betont der Erfurter Bischof Wanke.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 10 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 11.03.2001

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