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Aus der Region

Die Kindheit ist eine Erfindung des Kopfes

Buchtip

Eine Kinderdorffamilie in den sechziger Jahren - sie lebt hinter einer Fassade, hinter der sich alles andere als idyllisches Familienleben abspielt. Friedrich Reiter, genannt Fritz, lebt in dieser Familie zusammen mit seinen "Geschwistern", die wie er alle irgendwann in dieses Kinderdorf gebracht wurden. Hier verbringt er seine Kindheit und Jugendzeit. Schon bald stellt sich fr die anderen heraus, da er ein schwer erziehbares Kind ist. Seine Kinderdorfmutter schlgt ihn, er bekommt immer wieder zu spren, was es heit, benachteiligt und unterdrckt zu werden. Fritz leidet darunter und fhlt sich immer mehr zu seiner leiblichen Mutter hingezogen, er will sie kennenlernen und seine Lebensgeschichte erfahren.
Er wird lter und beginnt eine Bckerlehre, wird in seinem Leben selbstndig und erfhrt immer mehr das Gefhl akzeptiert zu werden, auch wenn er das nur durch Lgen erreicht. Doch bald merkt er, da er auch im Betrieb zum Auenseiter wird und der "Lckenber" fr alles ist.
Der Tag kommt, an dem Fritz das Kinderdorf verlt und sich auf den Weg zu seiner "richtigen" Mutter macht. Er ist voller Erwartungen an sein neues Zuhause und mu schnell erkennen, da er diese "zu hoch geschraubt" hat. Die Enttuschung ist gro. Fritz gibt dennoch nicht auf, er will sich seinen eigenen, neuen Weg suchen in einer anderen Welt, als er sie bisher kennengelernt hat. So in aller Krze die Rahmenhandlung des neuen Romans "LiebesKind" des sterreichischen Autors Rudolf Habringer, erschienen im Styria-Verlag.
"Die Kindheit ist eine Erfindung des Kopfes. In Wahrheit ist alles ganz anders gewesen." Dieses Zitat Rudolf Habringers aus seinem Buch spiegelt wieder, wie der Autor sein Buch selbst sieht.
Die Geschichte einer Kindheit - war alles blo eine Erfindung? Mit berraschender Genauigkeit beschreibt Habringer den Alltag im Kinderdorf. Es ist einfach, sich bei der Lektre in die Rolle des Kindes Fritz zu versetzen. Habringer schafft es, seinen Leser zu fesseln aber auch von Zeit zu Zeit abzuschrecken, mit knallharten, aber erstaunlich genauen Beschreibungen. Der Autor scheut sich nicht, Tabus aufzugreifen und sich ausfhrlich damit zu beschftigen. Den Hintergrund fr seinen Roman entnahm Habringer aus Gesprchen mit einem Unbekannten. Dabei fngt er die Geschichte seines neuesten Romans auf. Rudolf Habringer schreibt selbst: "Ich hre zu, frage nach, whle aus und verndere. In meinem Kopf verwandelt sich eine fremde Geschichte in meine eigene."
Anett Blaschka

Rudolf Habringer, "LiebesKind - Eine Erfindung", Styria-Verlag Graz, ISBN 3-222-12576-7, 39,80 DM.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 33 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 16.08.1998

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