Jetzt 4 Wochen kostenfrei Tag des Herrn lesen!
Aus der Region

Vom Lebensbaum und anderen Bäumen

Bibelturm Wörlitz

Wörlitz - "Alt wie ein Baum möchte ich werden" sangen einst die DDR-Rocker "Puhdys" und zitierten damit das alttestamentliche Buch Kohelet. Hätten sie sich etwas intensiver mit der Materie befaßt, wäre der Text sicher konkreter ausgefallen. Denn Baum ist nicht gleich Baum: Während der Ölbaum mehr als 1000 Jahre alt werden kann, wird die Birke meist nur 100 Jahre alt

Interessante Kenntnisse über verschiedene Arten von Bäumen und über das Verhältnis der Menschen zu diesen Bäumen will eine besondere Führung durch den Wörlitzer Park vermitteln. Der Rundgang unter dem Titel "Gepflanzt wie ein Baum ..." beschränkt sich allerdings auf einige wenige Arten: Es geht um Bäume, die auch in Palästina wachsen und in der Bibel erwähnt werden

woerlitzer_park

Mitarbeiter und Mitglieder des Kuratoriums des Bibelturms Wörlitz haben dieses Projekt erarbeitet und führen mehrmals im Jahr durch den Wörlitzer Park. Der Besucher erfährt einige botanische Details, bekommt Bibelstellen vorgetragen, in denen die Baumart genannt wird. Betrachtungstexte verleihen dem Rundgang einen meditativen Charakter. Die Führung vermittelt insgesamt einen eher biblisch-spirituellen als einen botanischen Zugang zum Thema. Auf diese Weise gibt der Rundgang einen ungewohnten Einblick in den englischen Landschaftspark mit seinen mehr als 460 Gehölz-Arten

Mehr als 30 Baum-Arten werden in der Bibel erwähnt. Die Israeliten im Exil saßen an den Wassern Babylons und weinten. Ihre Harfen hängten sie in die Weiden, denn für Fröhlichkeit und Lob Gottes war es nicht die Zeit. Der Ölbaum gibt dem Ort den Namen, an dem Jesus vor seiner Verurteilung im Gebet ringt. Die Kanaaniter verehrten auffallende Bäume. Die Israeliten hielten die Orte unter diesen Bäumen heilig. Hier wurden Versammlungen abgehalten, die Stammväter begraben. Von Abraham heißt es, daß er in seiner Ratlosigkeit zur Orakel-Eiche von Sichem zog. Die Propheten beschimpften in späterer Zeit Leute, die sich unter Eichen und Linden aufhielten, um dem Kult der Kanaaniter zu dienen

Der Baum gehört zu den Ur-symbolen der Menschheit. So findet sich sowohl in ganz Südasien wie auch in den nordgermanischen und einigen afrikanischen Völkern die Vorstellung von einem Weltenbaum - ein Symbol des Alls und der Verbindung zwischen Himmel, Erde und Unterwelt. Er ist Sinnbild ständiger Erneuerung, Fruchtbarkeit und Unsterblichkeit. Den Baum des Lebens kennen Völker Zentralasiens genauso wie Indianerkulturen Südamerikas. Nur variieren Baumart und die Vorstellung vom Standort: mal an einem hochgelegenen Bergsee, mal auf einer großen Wiese

Das Symbol Baum spielt auch in vielen Bibeltexten eine he-rausragende Rolle: Angefangen vom Baum der Erkenntnis in der Genesis bis zum Spruch Jesu: "An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen." Der dürre oder grünende Baum ist häufig Metapher für das Wohlergehen des Menschen. Der Psalm 1 vergleicht den Gerechten und Frommen mit einem Baum, der an Wasserbächen gepflanzt ist. Kommt eine Dürre, hat er nichts zu befürchten

Das Bibelturm-Team arbeitet in der Führung besonders die biblische Sicht heraus. Und damit erzeugt sie einen interessanten Kontrast zur aufklärerischen, liberalen Haltung des Dessauer Fürsten Leopold III. Friedrich Franz von Anhalt-Dessau (1740 - 1817). Der ließ in den Wörlitzer Garten, der nach 1765 entstand, unweit von Kirche und Synagoge auch mal hier einen kleinen antiken Tempel, dort einen griechisch-mythologischen Diana-Hain setzen. Dem ästhetischen Erleben des Parkes verschafft das einige Reize. Doch die dahinter stehende Geistes-Haltung läuft Gefahr, Glauben in reine Religiosität und Sittlichkeit aufzulösen. Die Führung des Bibelturms dagegen macht deutlich: Für Christen ist die Lebenshingabe Jesu einzigartig, durch die - symbolisch gesprochen - aus totem Holz der Baum des Lebens wird. (Offenbarung 22,1)

Stephan Radig

"Gepflanzt wie ein Baum...". Die Führung am 29. August beginnt um 15.00 Uhr am Bibelturm (St. Petri-Kirche) in Wörlitz. Eine weitere ist für Oktober geplant.

Der Bibelturm (St. Petri-Kirche) ist geöffnet:

Dienstag bis Samstag 11.00 bis 17.00 Uhr,
Sonntag 11.30 bis 17.00 Uhr

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 34 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 23.08.1998

Aktuelle Empfehlung

Der TAG DES HERRN als E-Paper - Jetzt entdecken!

Aktuelle Buchtipps