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Bistum Görlitz

Mutproben in der Diaspora

Münsteraner Clemensschwestern

Clemensschwestern

Am Fest Maria Himmelfahrt war es genau 25 Jahre her, daß Schwester Christl Furtmais ihr Gelübde ablegte. Dieses Jubiläum, daß sie zusammen mit ihrer Mitschwester Gebhardis Riesberg feierte, ist Anlaß für den Tag des Herrn, etwas über den Alltag der beiden Münsteraner Clemensschwestern - die seit nunmehr sechs Jahren in Cottbus leben, beten und arbeiten - zu berichten.

Cottbus (ks) - Als am 21. April 1983 wegen fehlendem Nachwuchs die letzten "Grauen Schwestern von der heiligen Elisabeth" in einer Feierstunde in Cottbus verabschiedet wurden, dachte wohl mancher der Anwesenden: "Das war's! Ordensfrauen wird es im atheistischen Cottbus nie mehr geben!" Neun Jahre später, am 9. Oktober 1992, konnten zwei Clemensschwestern in Cottbus begrüßt werden

So kamen Schwester Christl Furtmais, eine gebürtige Bayerin, die zuvor am Niederrhein tätig war und Schwester Gebhardis Riesberg, deren Konvent im Oldenburgischen aufgelöst wurde, in die sächsische Stadt. Schwester Christl hatte sich nach der Wende auf Anfrage des Ordens dafür entschieden, in die ehemalige DDR zu gehen. Schwester Gebhardis kam in einem Gespräch darauf, sich auf "neue Ufer" im Osten Deutschlands einzulassen. Die Clemensschwestern, deren Orden 1808 gegründet wurde, engagieren sich vorallem in den Bereichen Krankenpflege, Seelsorge, Altenpastoral und Erziehung

Die beiden Ordensfrauen, die aus rein katholischen Gegenden kamen, waren von Anfang an beeindruckt von den starken Gemeinden, die sie in Cottbus vorfanden. Von der eigentlich erwarteten "kleinen Herde" spürten sie kaum etwas: Von den Großeltern bis zu den Enkelkindern waren die Familien beim Sonntagsgottesdienst vertreten und die Worte des Schlußsegens "Gehet hin in Frieden" wurde nicht so wörtlich genommen, daß die Gläubigen sofort auf dem Absatz kehrt machten, sondern sich noch die Zeit für ein Schlußlied und für ein persönliches stilles Gebet nahmen

An die Anfangszeit in Cottbus können sich die Schwestern noch gut erinnern: Gleich in den ersten Wochen rief ein Mann Schwester Gebhardis auf belebter Straße zu: "Die Grauen Schwestern sind wieder da!" Sie trug gerade ihre graue Tracht. Da sie sich anfangs in der Stadt nicht auskannten, hatten die beiden Ordensschwestern immer einen Plan dabei. So erinnert sich Schwester Christl: "Wenn ich den entfaltete, war sofort irgend ein Fremder bei mir, der freundlich fragte, ob er mir weiterhelfen könne."

Für die Schwestern überwiegen die positiven Erfahrungen. Die anfängliche Neugier - wie auffälliges Umdrehen oder gar langsames Vorbeifahren der Autos, um die Ordensfrauen mit dem Schleier besser sehen zu können - ist der Selbstverständlichkeit gewichen. Wenn sie im Sommer in ihrer weißen Tracht und im Winter mit grauem oder schwarzem Ordenskleid durch die Stadt von Haus zu Haus mit dem Rad fahren, gehören sie inzwischen einfach zum Stadtbild dazu

Die Clemensschwestern besuchen Familien, Alte und Kranke, Christen und Nichtchristen. Zuhören, nach dem Rechten sehen, den Besuch eines Priesters, eines Arztes organisieren oder einen Einkauf oder Besorgungen abnehmen - das gehört zu ihren Aufgaben. So ist es keine Seltenheit, daß sie im Hausflur oder auf der Straße angesprochen werden: "Können Sie nicht auch einmal zu mir kommen?"

Das Interesse an Gesprächen, bei denen Probleme jeglicher Art aufgegriffen werden, sei nach wie vor groß. Schwester Christl wurde in eine Schulklasse gebeten, um über den Ordensberuf zu berichten. Schwester Gebhardis mußte in einem Jugendklub eines Wohngebietes Rede und Antwort stehen. Vorher nie wissend, was da auf sie zukommt, endeten diese "Mutproben" immer mit der inneren Beruhigung, interessierte und offene Menschen in guter Atmosphäre als Gegenüber gehabt zu haben. Schwierig werde es nur, wenn jemand meint, "kirchliche Verletzungen" erfahren zu haben. Vielleicht durch ein unbedachtes oder falsch verstandenes Wort. Solche negativen Erfahrungen ließen sich "nur schwer wieder gut machen"

Doch damit hört das Engagement der Ordensschwestern nicht auf: Beide sind Mitarbeiterinnen in den Hospizkreisen der Malteser, wobei sie sich ohnehin schon immer für Schwerstkranke eingesetzt haben. Und Schwester Gebhardis ist im größten Krankenhaus des Landes Brandenburg, im Carl-Thiem-Klinikum, außerdem noch Krankenhausseelsorgerin. Dort versucht sie, Zugang zu Menschen in Not zu finden, ihnen die heilige Kommunion zu bringen oder sie auf den Besuch des Priesters vorzubereiten

Eine "segensreiche Tätigkeit", die von beiden sehr viel abverlangt. So ist ein richtiges Klosterleben bei den vielfältigen Aufgaben der Clemensschwestern kaum möglich. Dennoch sei das gemeinsame Gebet in ihrem kleinen Konvent nicht Verpflichtung sondern ein Herzensanliegen. Das Gebet helfe eben neben den abendlichen Gesprächen miteinander, manches vom Tag aufzuarbeiten

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 34 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 23.08.1998

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