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Aus der Region

Bewußte Wendung zum Christentum

Erinnerung an Manfred Hausmann

"Nach einer unruhigen Jugend als Soldat, Student, Dramaturg, Kaufmann, Redakteur und Landfahrer begann er zu schreiben. Anfangs, um sich des wilden Lebens ringsum durch die Ordnungen der Sprache zu bemächtigen, später, um die Vordergründigkeit der Welt durchsichtig zu machen, und heute, um der Verkündigung zu dienen." So charakterisierte Manfred Hausmann 1960 seine Entwicklung als Schriftsteller und benannte damit die wichtigsten Stationen seines Lebens

Geboren am 10. September 1898 in Kassel wurde er im Ersten Weltkrieg schwer verwundet. "Gasvergiftet und mit durchschossenem Fuß" kehrte 1918 heim. Er studierte, arbeitete als Korrespondent eines Bremer Exportgeschäftes, wurde 1924 Feuilleton-Redakteur bei der Bremer "Weser-Zeitung" und lebte ab 1926 bis zu seinem Tod mit einigen Unterbrechungen als freier Schriftsteller. Von 1967 bis 1989 predigte er als ordinierter Ältestenprediger der evangelisch-reformierten Kirche in vielen norddeutschen Kirchgemeinden. Hausmann begann als melancholischer Schriftsteller, der mit schwärmerischer Naturliebe besonders die Außenseiter der Gesellschaft, Wanderer und Vagabunden, schilderte. 1928 erschien sein Roman "Lampioon küßt Mädchen und kleine Birken"

Entscheidend wurde für ihn in den dreißiger Jahren die Bekanntschaft mit dem Werk Karl Barths und Sören Kierkegaards. Hausmann vollzog eine bewußte Wendung zum Christentum. Darin sah er die einzige Chance, der Sinnlosigkeit des Lebens und der Vereinsamung zu entgehen. In den Mittelpunkt seines Schaffens trat nun stärker die Problematik der Liebe zwischen Mann und Frau in der Ehe. Ihre Liebe wurde als Abbild der göttlichen Liebe begriffen, gegenseitiges Verzeihen gehört unaufgebbar dazu. "Liebende leben von der Vergebung" heißt ein Roman von 1953

Sowohl Hausmanns Lyrik als auch seine Prosa sind geprägt von der Landschaft Norddeutschlands und der Nordsee. Er hat eine zeitlang in Worpswede gewohnt. Dort war er von 1930 bis 1933 Mitglied im kommunalen Gemeinderat. In Bremen, wo er von 1950 an lebte, ist er 1986 gestorben

"Zu sein wie das Wasser, / warum vermag er's nicht, / der Mensch?" fragt er in einem Gedicht von 1946 und gibt Antwort: "Ist's deshalb wohl, / weil er die wunderbare Stille nicht / des Wassers / bereiten kann in seiner Brust?" Zunehmend hat Hausmann religiöse Themen gestaltet. Immer stärker sah er den Hauptzweck der Kunst darin, eine übernatürliche, göttliche Wirklichkeit ahnbar, vorstellbar zu machen. Als Dichtungsformen traten Essay, Mysterienspiel und Predigt in den Vordergrund. In einer kurzen Vorbemerkung zum "Worpsweder Hirtenspiel" schreibt er 1942: "Die Spieler mögen immer bedenken, daß es durchaus nicht darauf ankommt, sich in einer schaupielerischen Leistung zu versuchen. Das Spiel ist kein Kunstwerk, das seinen Sinn in sich selbst hat, sondern ein Hinweis, der das Ewige meint. Wie denn ein jeder bestrebt sein soll, sich gleichsam durchsichtig zu machen, damit man durch ihn hindurch das erblickt, worauf hingewiesen wird"

Am bekanntesten ist Manfred Hausmann durch seine liebevollen, einfühlsamen Erzählungen über das Zusammenleben mit Kindern geworden. Die Bücher "Ontje Arps" (1927), "Abel mit der Mundharmonika" (1932, verfilmt 1934), "Martin" (1949) und "Kleiner Stern im dunklen Strom" (1961) haben ihm die Zuneigung einer großen Lesergemeinde beschert

Das besondere dieser Geschichten ist ihr Humor, der nicht darin besteht, daß sich Erwachsene über Kinder lustig machen, sondern daß die Unvollkommenheit der Kleinen wie der Großen in einer selbstverständlichen Liebe, die keine großen Worte macht, aufgehoben ist. Und diese selbstverständliche Liebe ist tatsächlich Abglanz der göttlichen Liebe. Daß dies glaubhaft und unaufdringlich vermittelt wird, zeichnet den Dichter und Christen Hausmann aus

Jürgen Israel

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 37 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 13.09.1998

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