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Bistum Görlitz

Diskussion zur Lage der Kirche in Rumänien, Frankreich und Polen

Herausforderung

Neuzelle (mh) - So verschieden die drei Länder und die Geschichte der Kirche in diesen Ländern sind, so sehr ähneln sich die Herausforderungen, vor denen die katholischen Christen in Rumänien, Polen und Frankreich stehen. Das machte eine Podiumsdiskussion im Rahmen der Bistumswallfahrt nach Neuzelle deutlich

Insbesondere die katholischen Christen in den ehemaligen Ostblock-Ländern stehen vor der Aufgabe, mit der gewonnenen Freiheit richtig umzugehen. Das hob Attila Szücs, Pfarrer aus Rumänien hervor. Nur etwa eine Million der 23 Millionen Einwohner in Rumänien sind katholisch, die meisten von ihnen sind von der Nationalität her Ungarn. Die überwiegende Mehrheit der Rumänen - 18 Millionen - gehört der orthodoxen Kirche an. Die Wende brachte auch für die katholische Kirche neue Möglichkeiten, zum Beispiel den schulischen Religionsunterricht. Es stehe die Frage: "Wie gehen wir mit der neuen Freiheit um? Sind wir ihr gewachsen?" Viele Rumänen seien von dieser Freiheit, insbesondere den damit verbundenen wirtschaftlichen Möglichkeiten, beeindruckt. Viele verfolgten nur ein Ziel: "Wie werde ich jetzt reich?" Das "innere Leben" werde dagegen vernachlässigt. "Die Kirchen sind nicht voller geworden."

Ähnliche Probleme hat die katholische Kirche in Polen. Auch wenn hier noch über 90 Prozent der Bevölkerung katholisch getauft sind, gehen die Zahlen der Gottesdienstbesucher zurück. In der Regel seien es noch 60 bis 70 Prozent, in den Großstädten aber schon weniger als die Hälfte, berichtete Pfarrer Jan Guss aus Gubin. Die Verantwortlichen in der Kirche seien vor allem beunruhigt, weil sich in Polen zunehmend negative Einflüsse aus dem Westen bemerkbar machen. "Vor allem haben wir Angst davor, daß es den Menschen nur noch um das Materielle geht. Dieses materielle Denken richtet sehr viel Schaden an. Und wir als Kirche haben im Umgang damit noch keine Erfahrung."

Auch wenn die Geschichte der Kirche in Frankreich in den letzten Jahrzehnten eine andere war als die der Kirchen im Ostblock, passiert ähnliches wie in Polen. 80 Prozent der Franzosen sind getauft, den Gottesdienst besuchen nur noch fünf Prozent regelmäßig. Pfarrer Emmanuelle Blanc: "Wir haben zwar schon lange den Schatz der Freiheit, wissen ihn aber immer noch nicht zu schätzen." Schon vor einigen Jahrzehnten sei die Frage gestellt worden, ob Frankreich - einst eines der bedeutendsten katholischen Länder Europas - heute ein Missionsland sei. Diese Frage, so Pfarrer Blanc, müsse mit einem Ja beantwortet werden. "Wir müssen lernen, als Minderheit zu leben."

Stirbt katholische Kirche in Europa aus oder gibt es Hoffnungszeichen? Alle drei ausländischen Gäste der Bistumswallfahrt wiesen darauf hin, daß es durchaus Zeichen der Hoffnung für die Kirche in ihren Ländern gebe. Zwar werden die Zahlen kleiner, aber die entstehende Minderheit sei engagiert in Kirche und Gesellschaft, betonte Pfarrer Blanc. Hoffnung mache auch, daß sich immer wieder einzelne der Kirche zuwenden. Pfarrer Szücs wies auf den Schwerpunkt der Seelsorge in Rumänien hin: "Wir versuchen, vor allem Kindern und Jugendlichen Mut zu machen, sich als Christ zu bekennen und als Christ im Alltag zu leben." Und als ein besonderes Hoffnungszeichen für die Kirche in Polen nannte Pfarrer Guss die steigende Zahl von Priesteramtskandidaten

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 38 des 48. Jahrgangs (im Jahr 1998).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 20.09.1998

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